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Pater Christoph Kreitmeir: „Unsere Stimme ist einzigartig wie unser Fingerabdruck“

Die Auslegung zur Sonntagslesung (Offb. 7.14-17) und zum Sonntagsevangelium (Joh 10, 27-30) von unserem geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir passt gut zum neuen Papst Leo XIV., der ja Augustiner ist, deren Spiritualität von einem von Liebe brennenden Herzen und einer innigen Freundschaft zu Jesus geprägt ist.

 

Anbei die Worte der Predigt von Pater Kreitmeir als Audio-Datei und anschließend im Textformat:

 

 

Wir kennen alle bestimmte Stimmen. Denken Sie z. B. an die Stimme der verstorbenen Queen Elisabeth oder an die von Papst Franziskus. Oder stellen Sie sich jetzt mal Rudi Carrell oder Thomas Gottschalk vor – und schon sehen Sie deren Gesichter und hören deren Stimmen. Wir erkennen diese Stimmen sofort, weil sie uns irgendwie vertraut sind und das Hören solcher Stimmen hat eine Wirkung auf uns: Mögen wir die Person hinter der Stimme oder nicht?

Mir geht es fast jeden Morgen so: Nach dem Aufstehen schalte ich Bayern 1 an, wo von 5.00 – 9.00 Uhr Markus Fahn das Morgenprogramm leitet. Ich mag seine Stimme, ich mag es, wie und was er in seinem Programm anbietet und ich mag die Person, die hinter dieser Stimme sich befindet.

Wenn er krank oder im Urlaub ist und eine Kollegin ihn vertritt, dann schalte ich meistens auf ein anderes Programm um. Diese Moderatorin ist mir zu laut, zu flapsig und ihre Musikauswahl ist mir zu rockig. Mich regt ihre Stimme schon auf, wenn ich sie höre.

Stimmen hören, Stimmen kennen, Stimmen mögen oder nicht. Unsere Stimme drückt nicht nur das aus, was wir von uns geben, sie hat Nuancen, Betonungen und Eigenheiten. In ihr schwingt sehr viel mit, vor allem wir selbst, unsere Persönlichkeit, unsere Gefühle und unsere Seele.

Unsere Stimme ist einzigartig wie unser Fingerabdruck.

„Meine Schafe hören auf meine Stimme, ich kenne sie und sie folgen mir“, sagt Jesus in der im Johannesevangelium gehörten Stelle. „Ich kenne sie und sie folgen mir“, so geht es weiter.

Hinter diesen wenigen Worten verbirgt sich ein Vertrauensverhältnis zwischen dem, der spricht, und dem, der hört. Wir kennen das alle aus unserem Leben. Es gibt Stimmen, kaum, dass man sie hört, wird man ruhiger, man fühlt sich verstanden und angenommen. Der Psalm 23, der Psalm vom guten Hirten, drückt diese Erfahrung des Volkes Israel mit seinem Gott aus. Das Wort „Maria“, welches der Auferstandene der zutiefst traurigen Maria Magdalena, die ihren geliebten Herrn und Meister in seinem Grab suchte und nicht fand, zusprach, löste in ihr Erkennen, Vertrauen und neu aufflammende Liebe aus. Sie antwortete ihm: „Rabuni, geliebter Meister“.

Maria Magdalena ist DAS Beispiel für all die an Jesus Glaubenden, welche eine besondere Nähe zu ihm aufgebaut haben. Eine Nähe, eine Verbindung, aus der Vertrauen und Liebe entstand. Eine Nähe, die seine Stimme und seine besondere Beziehung zu Gott mit Herz und Verstand, vor allem mit dem Herzen nachvollziehen konnte.

Jesus sprach in seiner Beziehung zu Gott immer wieder von „Abba, geliebter Vater“, eigentlich noch viel mehr: „Papa“. Diese Beziehung ging so weit, dass er sagte: „Ich und der Vater sind eins.“ (Joh 10, 30) Was für eine untrennbare und tiefe Verbundenheit spricht aus diesen Worten. Wie oft spricht das Evangelium davon, dass Jesus sich zurückzog, um im Gebet mit dem Vater allein zu sein und auf seine Stimme zu hören.  So konnte er sich vergewissern, dass sein Denken und Handeln im Einklang mit dem Willen des himmlischen Vaters stand.

Der auferstandene Jesus spricht als guter Hirt zu den seinen, die seine Stimme hören und kennen, die ihm vertrauen und nach/folgen. Er nimmt uns hinein in dieses Geheimnis „Ich und der Vater sind eins“, denn sind nicht auch wir die, welche seine Stimme hören und kennen, die ihm vertrauen und nach/folgen?

Das kann nur jede und jeder für sich selbst beantworten, ob er oder sie ein solches intimes Verhältnis zu Jesus, dem menschgewordenen Gott entwickelt hat oder dabei ist, es zu entwickeln.

Mit seiner Stimme will Jesus uns in ein besonderes Ich-Du-Geheimnis zwischen Gott und uns hineinführen, das uns Leben, ja sogar ewiges Leben schenken will, wie er selbst sagt: „Ich gebe ihnen ewiges Leben. Sie werden niemals zugrunde gehen.“ (Joh 10, 28)

Der jüdische Religionsphilosoph und tiefspirituelle Kenner der jüdischen Geisteswelt Martin Buber (1878 – 1965) überlieferte uns ein wunderschönes Gedicht aus der jüdisch-chassidischen Tradition, welches das besondere Verhältnis eines tiefgläubigen Menschen und seinem Gott ausdrückt. Dieses Gedicht bekam den liebenswerten Namen „Dudele“. Das Besondere an diesem Gedicht ist, dass das Wort „Du“ exakt 26 mal vorkommt. Die hebräische Sprache hat keine Zahlen, sondern die Zahlenwerte sind mit Buchstaben verbunden. Der Zahlenwert des Gottesnamens Jahweh ist in der Quersumme 26 zu finden. Gott ist ein Gegenüber und wir dürfen ihn mit „Du“ ansprechen.

Ich lade Sie nun dazu ein, sich in diese Worte des „Dudele“ gleichsam hinein zu legen wie in eine Hängematte und dabei zu spüren, dass Gottes Stimme und Nähe auch in mir lebendig sind.

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Hinweis: Mehr geistliche Impulse von Pater Kreitmeir gibt es auf seiner Webseite unter:

www.christoph-kreitmeir.de