Symbolbild: pixabay.com (CC0 1.0)

Pater Christoph Kreitmeir: „Wie einseitig beschränkt ist der nur wissenschaftsgläubige Mensch“

In seiner Auslegung zum Sonntagsevangelium (Joh 20, 19-31), das von der Erscheinung des auferstandenen Jesu und vom sog „ungläubigen Thomas“ berichtet, geht unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir auf das weltberühmte Gnadenbild vom Barmherzigen Jesus ein, das auf eine Vision der Ordensschwester Faustyna Kowalska zurückgeht.

 

Anbei seine Worte als Audiodatei und anschließend im Textformat: 

 

 

Im Jahr 2000 wurde Sr. Faustyna Kowalska (1905 – 1938) aus Krakau von PP. Johannes Paul II. heiliggesprochen. Auf sie geht eine Vision und ein Bild zurück, das den barmherzigen Jesus zeigt, aus dessen Herzseite ein göttlicher Lichtstrahl hellleuchtend auf die fällt, die lernen, ihm zu vertrauen (Anmerkung: Das Bild zum Ansehen gibt’s HIER)

Das mittlerweile weltberühmte Bild hängt in vielen Kirchen und Zimmern – auch in meinem – und darunter steht: Jesus, ich vertraue auf Dich. 

 Jahr für Jahr hören wir am Weißen Sonntag das Evangelium vom sog. „ungläubigen Thomas“. Und fast jeder gläubige Christ kann im Schlaf das Wort Jesu aufsagen: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“

Nicht nur in unserer rationalen und sehr wissenschaftlich ausgerichteten Welt, sondern auch in der Kirche herrscht nicht selten ein Geist der Skepsis, ein Geist des Zweifels, ein Geist einer gewissen „Ungläubigkeit“.

Was nicht nachweisbar ist, das ist auch nicht existent, das ist auch nicht wahr.

Oft herrscht eine andere Glaubenswahrheit: „Ich glaube nur, was ich sehe“. Dieses Motto vertrat auch der Apostel Thomas. Er suchte sicheres Wissen und hielt darum das Detail für wichtiger als das Ganze: die Wundmale als Identifikationsmerkmale seines Herrn und Meisters Jesus Christus. Heute hätte er wahrscheinlich einen genetischen Fingerabdruck zur Identitätsfeststellung gefordert. – Ich möchte diese kritische Einstellung nicht gänzlich verwerfen; aber sie hat doch ihre Grenzen, und die sollte man erkennen.

Und das hat Thomas dann auch getan, und darum ist von ihm im Evangelium überhaupt die Rede. Denn nachdem Jesus sich auf seine Forderung, die Wunden Jesu berühren zu können, einließ und mit nur leichtem Tadel bedachte, da verließ Thomas seinen Standpunkt der Absicherung und bekannte weit mehr, als er selber sicher wissen konnte: „Mein Herr und mein Gott!“

Er drang damit zum Geheimnis Jesu vor, das niemals in Wissen aufgelöst werden kann, das sich aber dem zeigt, der bereit ist, die begegnende Wirklichkeit ernst zu nehmen und die eigene Denkweise daran zu messen und gegebenenfalls zu korrigieren.

So wurde Thomas auch ein Vorbild für all diejenigen, die den Sprung des Vertrauens wagen.

„Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“ Ich gewinne diesem Wort Jesu heute einen Sinn ab, der das wahrhaft Seligmachende des Glaubens in den Vordergrund rückt.

Wer durch das Sehen und exakte Wissen zum Geheimnis der Wirklichkeit vorstoßen will, der hat einen beschwerlichen Weg vor sich, einen Weg, der dauernd zum Umkehren nötigt, einen Weg, der auf den längsten Strecken ein Irrweg ist.

Wie selig ist da derjenige, der im Vertrauen auf den immer größeren Gott und auf Seine Zeugen von solchen Umwegen befreit ist! Aber wie dumm ist derjenige, der weder selber sehen will (weil das zu anstrengend ist) noch denen glaubt, die gesehen haben, sondern ausgerechnet denen sein Ohr zuneigt, die zwar sehen wollen, aber nicht sehen!!!

Wie einseitig beschränkt ist der nur wissenschaftsgläubige Mensch. Ihm werden viele Erkenntnisse über den Menschen, die Natur und auch Gott verborgen bleiben.

Für mich persönlich gilt nach Phasen einer gewissen „Wissenschaftsgläubigkeit“ und der „bohrenden Zweifel“ seit einiger Zeit – und dafür danke ich von Herzen GOTT – eine andere Gläubigkeit. Ich möchte sie eine „vertrauende Gläubigkeit“ nennen. Diese baut auf persönlichen Erfahrungen mit Gott auf. Deshalb kann ich sehr wohl etwas mit der Vision und dem Bild von Sr. Faustyna anfangen, denn es spricht viel mehr mein Gefühl und mein Herz als meinen Verstand an.

Dieses Jahr wollte ich im Mai mit einer guten Bekannten nach Krakau in den Urlaub fahren. Krakau ist eine wunderschöne Stadt, ähnlich wie Wien. Da hätte es viel Schönes zu sehen gegeben. Ganz sicher wäre ich auch bei Sr. Faustyna gewesen und hätte dort aufgetankt. Der brutale Krieg in der Ukraine, der gar nicht so weit vom polnischen Krakau weg tobt, lässt mich diese Reise auf hoffentlich nächstes Jahr verschieben.

Heute möchte ich mit Sr. Faustyna um Gottvertrauen für Sie und mich beten und um Frieden in der Ukraine:

 

Gebet zum Barmherzigen Jesus

 

Barmherziger Jesus, ich vertraue auf Dich!

Nichts soll mich mehr ängstigen und beunruhigen.

Ich vertraue auf Dich früh und spät,

in Freuden und Leiden, in Versuchungen und Gefahren,

im Glück und Unglück, im Leben und Tode,

für Zeit und Ewigkeit.

 

Ich vertraue auf Dich beim Gebete und bei der Arbeit,

bei Erfolgen und Misserfolgen, im Wachen und Ruhen,

bei Trübsal und Traurigkeit, ja selbst in meinen Fehlern

und Sünden will ich unerschütterlich auf Dich vertrauen.

 

Du bist ja der Ankergrund meiner Hoffnung,

der Stern meiner Wanderschaft,

die Stütze meiner Schwachheit,

die Verzeihung meiner Sünden, die Kraft meiner Tugend,

die Vollendung meines Lebens, der Trost meiner Sterbestunde,

die Freude und Wonne meines Himmels.

 

Barmherziger Jesus,

Du starke Ruhe und sichere Burg meiner Seele,

vermehre mein Vertrauen und vollende

meinen Glauben an Deine Macht und Güte.

Wenn ich auch der ärmste Deiner Verehrer

und der letzte Deiner Diener bin,

so will ich doch groß und vollkommen sein im Vertrauen,

dass Du mein Heil und meine Rettung bist für die ganze Ewigkeit.

Dieses mein Vertrauen sei meine Empfehlung bei Dir,

jetzt und alle Zeit, am meisten aber in der Stunde meines Todes!

Amen.

Hinweis: Am kommenden Montag, den 25.April, ist Pater Kreitmeir in einem Livevortrag mit dem Titel „Mein Freund, der Baum“ auf Radio Horeb zu hören.

Mehr Infos dazu gibt’s unter:

HIER