Foto: PromisGlauben e.V.

Pater Dr. Peter Uzor: „Jesus ist ein König ganz anderer Art“

Seine Auslegung des Sonntagsevangeliums (Joh 18,33-37) zum heutigen Christkönigssonntag stellt unser geistlicher Begleiter Pater Dr. Peter Uzor unter die Überschrift „Jesu Königtum falsch verstanden – richtig verstanden“. Dabei beschreibt er, warum Jesus ein König ganz anderer Art ist und auf eine ganz andere Weise herrschen wollte, als die Menschen sich das vorstellten.

 

Anbei die Worte seiner Predigt:

 

Eine berufstätige Frau kehrt nach einem langen und harten Arbeitstag nach Hause zurück und nimmt bereits beim Ausziehen der Schuhe im Wohnungsflur wahr, dass es aus der Küche nach Gemüsesuppe duftet. „Hallo, Schatz, ich bin zu Hause! Was gibt’s denn heute? Gemüsesuppe?“ Auf ihre Anfrage antwortet ihr Ehemann aus der Küche mit wütender Stimme: „Dann koch’ doch gleich selber, wenn es dir nicht passt, was ich vorbereite!“ Ein klassischer Fall von Falsch-Verstanden-Werden. Während die Ehefrau nur sachlich festhalten will, was sie durch ihren Geruchssinn wahrgenommen hat, versteht ihr Ehemann ihre Äußerung als Aufforderung, er solle ihr doch gefälligst etwas anderes kochen als bloß eine Gemüsesuppe. Wahrscheinlich kennen Sie aus Ihrem eigenen Alltag genügend Beispiele solcher Art. Gott sei Dank ist es meistens so, dass solche Missverständnisse mehr oder weniger flott aufgeklärt werden können, so dass es dann doch noch eine Art „Happy End“ gibt. Schwieriger ist der Fall dann gelagert, wenn es sich um Zustände des Falsch-Verstanden-Werdens handelt, die nicht so rasch aufgeklärt werden können.

Einer, der Zeit seines Lebens falsch verstanden worden ist, ist Jesus selber. Im Zusammenhang mit der Feier des Christkönigsfestes wird uns diese Tatsache besonders bewusst. Die Vorstellung, die Jesus von seinem Königtum hatte, unterschied sich gewaltig von der Vorstellung, die viele seiner Zeitgenossinnen und Zeitgenossen von seinem Königtum hatten.

Schon am Anfang seines Lebens, als er eben erst geboren worden war, wollte König Herodes der Ältere Jesus ermorden lassen, nachdem die Sterndeuter aus dem Osten König Herodes darüber in Kenntnis gesetzt hatten, dass irgendwo in seinem Herrschaftsbereich der König der Juden geboren worden sei (vgl. Mt 2,16-18). König Herodes der Ältere war wohl fest davon überzeugt, dass der neugeborene König der Juden für ihn eine Konkurrenz und damit auch eine Gefahr bedeutete. Es ist ihm vermutlich niemals in den Sinn gekommen, sich mit dem von Gott gesandten König der Juden näher auseinanderzusetzen und zu bemerken, dass er ein König ganz anderer Art ist.

Später wollten die Menschen, die von seinen Wundertaten tief beeindruckt waren, Jesus zum König machen, aber er ließ sich auf dieses Spiel nicht ein (vgl. Joh 6,1-15). Die Menschen erhofften sich von ihm politische Sicherheit und wirtschaftliches Wohlergehen, aber ihm ging es nicht um irdische Macht und irdischen Einfluss. Er konnte sicherlich nachvollziehen, warum sich die Menschen ihn zum König wünschten, aber er wollte letztlich auf eine ganz andere Weise herrschen, als sie sich das vorstellten.

Zuletzt, so haben wir im heutigen Evangelium gehört, steht Jesus vor Pontius Pilatus und muss sich wiederum mit einem falsch verstandenen und ihm angedichteten Königtum auseinandersetzen. Zuletzt wird er auch deswegen von Pontius Pilatus zum Tode verurteilt werden, weil der Statthalter neben dem Kaiser in Rom keine weitere Autorität zulassen kann und will. Und auch in den letzten Stunden seines Lebens bleibt Jesus bei der Aussage: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18,36a).

Wie können wir jetzt nach all dem, was wir bedacht haben, das Königtum Jesu Christi, das Zeit seines irdischen Lebens so oft falsch verstanden worden ist, richtig beschreiben?

Es ist ein Königtum, das nicht auf Waffengewalt und militärischen Erfolg begründet ist, sondern auf Frieden. Und überall dort, wo Friede gestiftet und erhalten wird, herrscht er als der König des Friedens.

Es ist ein Königtum, das nicht auf Hass und Rache gegründet ist, sondern auf Liebe und Versöhnung. Und überall dort, wo aus Liebe Versöhnung geschieht und aus Versöhnung entstandene Liebe lebendig wird, herrscht er als König der Liebe und der Versöhnung.

Es ist ein Königtum, das nicht auf Lügen und Intrigen begründet ist, sondern auf Wahrheit. Und überall dort, wo Wahrheit gelebt und erlebt wird, herrscht er als König der Wahrheit.

Es ist ein Königtum, das nicht auf Mord und Tötung begründet ist, sondern auf Leben. Und überall dort, wo Leben erhalten und gefördert wird, herrscht er als König des Lebens.

Diese Reihe ließe sich noch beliebig fortsetzen. Aber Sie werden mittlerweile schon längst verstanden haben, worin sich das Königtum Jesu Christi von den landläufigen Königsvorstellungen seiner und auch unserer Zeit unterscheidet.

Jesus Christus war ein König ganz anderer Art. Seins war ein Königtum, das auf göttliche Liebe begründet ist.

Wenn wir Jesus Handeln genauer anschauen, müssen wir uns fragen lassen: wovon wir unser Handeln bestimmen lassen. Sind es die Empfehlungen und Forderungen „von Menschen“, oder ist es der „Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ (2 Tim 1,7), wie er uns von Gott geschenkt ist? Vor Pilatus bekennt sich Jesus zu seiner Königswürde. An dieser seiner Würde haben auch wir durch die Taufe und die Firmung Anteil. Das verpflichtet uns zum demütigen Dienst an Gott und den Menschen.

Von Jesus aus Nazaret, heißt es, dass er sich allein von diesem göttlichen Geist führen ließ (vgl. Mk 12,14). Auf ihn war er herabgekommen, ihn hatte er beseelt, und dieser Geist war es, der sein Reden und Handeln motivierte – allen Widerständen und Einflüsterungen zum Trotz.

Denken Sie zum Beispiel an Jesu Umgang mit dem Mann, der an Aussatz erkrankt war (vgl. Mt 8,1-4) – wie er ihn gegen alle Vorschriften berührte und heilte. Entsetzt dürften die Umstehenden Jesus angeschaut haben – „Um Himmels willen, was machst du da!“ Und sicher werden sie den Kopf über ihn geschüttelt und ihn mit Nachdruck an das mosaische Gesetz erinnert haben. Und doch! Jesus lässt sich nicht davon abbringen, zu helfen, zu heilen und leidenden Menschen nahe zu sein.

Jesus handelt aus Mitleid, und Mitleid ist die Zwillingsschwester der Liebe.

Dazu war er gekommen, sagt er. Nichts anderes wollte er, als „den Willen dessen zu tun, der ihn gesandt hat“ (Joh 4,34; Joh 5,30; Joh 6,38). Er hatte den Mut, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen – mit allen (bekannten) Konsequenzen.

Nun, ganz sicher ist das Evangelium keine Aufforderung zur Anarchie, und doch zeigt es in aller Deutlichkeit, was nottut: Nämlich beherzt, mutig und mit viel Gottvertrauen das zu tun, was die Liebe von uns fordert. Möglicherweise werden wir dabei Grenzen überschreiten, und vielleicht werden wir uns auch Ärger ins Haus holen. – Mag sein, aber Liebe – wenn sie denn ernst macht – hat ihren Preis.

Vielleicht kann uns der heutige Sonntag dazu ermutigen, in unserem Alltag Jesus Christus immer mehr zum König werden zu lassen, indem wir der Liebe, dem Frieden, der Versöhnung, der Wahrheit, dem Leben und dergleichen vielem mehr immer mehr Raum geben, trotz aller Widerstände. Gliedern wir unseren Alltag der Königsherrschaft Jesu Christi ein! Wir werden es sicherlich nicht bereuen, denn einen besseren König als ihn gibt es nicht. Wer in und an seiner Königsherrschaft mitwirkt – trotz mancher Enttäuschungen und Rückschläge -, ist letztlich auf der Siegerstraße.

Amen.