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Pfarrer Kreitmeir: „Die Karwoche ist wie ein Intensivkurs des Lebens und bietet eine Therapie für unsere Seele an“

Die Auslegung des heutigen Evangeliums zum Palmsonntag (Lk 19, 28-40) von unserem geistlichen Begleiter Pfarrer Christoph Kreitmeir ist heute in der Rubrik „Ausgelegt“ auf katholisch.de erschienen.

Bei uns gibt es eine etwas ausgeweitete Fassung:

Mit dem Palmsonntag haben wir einen wirklich fröhlich stimmenden Startpunkt für eine Woche gesetzt, in der sich das Leben Jesu zuspitzt und dabei zugleich auch das Leben all derer, die mit ihm zu tun haben. Diese Karwoche, die mit hellen und dunklen Seiten gleichsam ein Stimmungsbild unseres eigenen Lebens ist, bietet gleichsam eine Therapie für unsere Seele an.

Warum?

Wir müssen alle durch Höhen und Tiefen in unserem Leben. Wir werden alle mehr oder weniger das erfahren, was Jesus in diesen besonderen Tagen erfahren musste: Unverständnis, Verrat, Alleingelassen werden, Verurteilt werden, ungerecht Behandelt werden, Leiden, Verspottet werden, Dunkelheiten aushalten, Sterben …

Das lebendige Miterleben der Karwoche mit ihren Höhepunkten Gründonnerstag, Karfreitag, Totenruhe am Karsamstag, Osternacht und Ostermorgen ist wie eine Prävention, ein Einüben für den Ernstfall des Lebens.

Es besteht die reelle Chance, nach dem Durchschreiten dieser Erfahrungen, seelisch gestärkt hervorzugehen und dadurch für den Alltag mit all seinen mehr oder weniger fordernden Überraschungen gerüstet zu sein.

Beginnen wir also mit dem Palmsonntag, mit dem Einzug Jesu in Jerusalem. Und da ist eine Formulierung in der heutigen Lukasevangeliumstelle auffallend: „Weil der Herr es braucht …“ – Diese Aussage ist mir schon beim ersten Durchlesen des heutigen Evangeliums hängengeblieben.

Verwundert hat mich auch, dass die Jünger Jesu all das so vorfanden, wie er es ihnen vorausgesagt hatte. Weniger verwunderlich ist die Tatsache, dass sie, nachdem sie ein junges Fohlen losgebunden hatten, selbstverständlich darauf hingewiesen wurden, warum sie das tun. Wollen sie das Tier stehlen? Die Jünger geben den Satz zur Antwort, den Jesus ihnen aufgetragen hatte: „Weil der Herr es braucht.“

Und jetzt wieder Verwunderung bei mir und wahrscheinlich nicht nur bei mir. Die Leute, wahrscheinlich die Eigentümer des Fohlens, ließen es zu, dass die Jünger das Tier mitnehmen durften. Warum?

Weil der Herr es braucht!
Jesus muss auf die Menschen in der genannten Gegend zwischen Betfage und Betanien wohl sehr bekannt und geschätzt gewesen sein, denn sonst hätten die Leute das Tier sicherlich nicht hergegeben. Interessant ist auch, dass nicht vom Rabbi Jesus die Rede ist, sondern vom „der Herr“.

Herr – Kyrios – betont die besondere Gottesnähe Jesu, seine königliche Autorität sowie den Dienstcharakter seines Auftretens für die Menschen.

Genau diese drei Bedeutungen spitzen sich bei seinem Einzug/Einritt auf einem Fohlen in Jerusalem zu: Gottesnähe, König und ein Herr, der dient. Kyrios – Herr – wurde und wird in unserem Glauben immer auch gleichgesetzt mit Gott selbst.

„Weil der Herr es braucht…“ Was genau denn braucht der Herr? Was genau denn braucht Gott? Braucht Gott denn überhaupt etwas?

JA, denn so wie das alte und vor allem das neue Testament uns zeigen, will Gott von den Menschen weniger Opfer aller Art, sondern viel mehr Gotteserkenntnis, Barmherzigkeit und Liebe (vgl. Hos 6,6 und Mt 9,13).

Das Wesen Gottes ist barmherzige Liebe und diese Liebe will von Natur aus eine aufrichtige Gegenliebe.

Liebe und Gegenliebe zeigen sich heute im Tun Jesu, der als dienender König Hingabe, Vergebung und Erbarmen leibhaftig werden lässt.

Auch, wenn wir es kaum glauben können, Gott will von uns nicht, dass wir perfekt sind oder alle möglichen Erwartungen/Gesetze erfüllen. Gott will eine persönliche Beziehung zu uns, damit er uns zum Heil führen kann.

Dabei ist es nicht wichtig, wie viel wir äußerlich vorzuweisen haben, sondern welche inneren Schätze uns glänzen lassen.

Jesus ist dafür das beste Beispiel, denn er zeigt uns: Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm (1 Joh 4, 16). Und das in guten und in schweren Tagen.

Die Karwoche ist wie ein Intensivkurs des Lebens.

Wenn wir mit einer gut grundgelegten Hoffnung, einem gelebten Vertrauen und einem tiefen inneren Wissen, dass Gott unser Leben teilt und mit uns mitgeht, uns auf die Höhen und Tiefen, auf Dunkel und Licht einlassen, dann werden wir aus dieser Woche ermutigt und gestärkt hervorgehen und gut in unserem Leben, Lieben und Leiden weiterkommen. Amen.

 

Unsere Empfehlung: Auf der Homepage von Pfarrer Christoph Kreitmeir können Sie in einer von ihm mit Unterstützung von recordare.de gestalteten Kreuzweg-Meditation das eben gelesene vertieft auf sich wirken lassen.

Direkt zur Kreuzweg-Meditation geht’s HIER