Pfarrer Rainer Maria Schießler: „Freude braucht ein Ziel“
„Gaudete!“ lautet das Motto des dritten Adventssonntags. Diese Bezeichnung stammt vom ersten Wort des lateinischen Eröffnungsverses: „Gaudete in Domino semper“ („Freut euch im Herrn zu jeder Zeit“, Phil 4,4). Mit diesem Adventssonntag beginnt die zweite Hälfte der Adventszeit, das Ereignis, auf das sie vorbereitet, rückt also immer näher. Deshalb steht dieser Sonntag unter der besonderen Vorfreude auf die Geburt des Herrn, wie der zweite Teil des Eröffnungsverses weiter ausführt: „Noch einmal sage ich: Freut euch! Denn der Herr ist nahe“ (Phil 4,4-5). [Quelle: herder.de]
In seinem Impuls zur alttestamentlichen Sonntagslesung zum 3. Advent (Zef 3, 14-17) beschreibt Pfarrer Rainer Maria Schießler die Bedeutung ehrlicher Freude, die mit dem Glauben an Jesus Christus einhergeht.
Hier die Auslegung zu Zef 3, 14-17, die Pfarrer Schießler auf seiner Facebook-Seite mit dem Titel „Freude? – Nur durch Liebe“ veröffentlicht hat:
Freude, Jubel, Jauchzen! Der dritte Adventsonntag trägt den Namen der Freude: Gaudete!
Aber worüber denn jetzt sich freuen? Worauf eigentlich? Im zweiten Pandemiejahr mehren sich diese Fragen unzähliger Zeitgenossen nahezu epidemisch. Was war das doch noch für ein Luxus, als man sich (nur) über die künstlich erzeugte vorweihnachtliche Shoppinghektik beklagen musste. Kann die bevorstehende Weihnachtsfreude jetzt überhaupt noch trösten? Menschen, die wirklich alles verloren haben, mit dem Kommen Gottes vertrösten zu wollen, wäre eigentlich nur fahrlässig. Viel wichtiger ist es doch, sich in ihre Not, ihre Trauer, ihr Leid einzufühlen.
Bei der Freude, die der Prophet Zefanja verkündet, geht es natürlich nicht um das bevorstehende Weihnachtsfest. Die christliche Tradition hat beides miteinander verbunden. Auch eine gutbürgerliche Zufriedenheit, mit der Weihnachten immer wieder eingetauscht wird, steht nicht im Mittelpunkt, ebenso wenig wie der Jubel der Privilegierten, die sich alles leisten können, Not in der Welt hin oder her.
Der Prophet meint eine ganz konkrete Befreiung: Gott selbst ist in der Gemeinde erfahrbar geworden.
Nach langem Schweigen und scheinbarer Abwesenheit erscheint Gott wieder in ihrer Mitte, der Mitte des Volkes: „Die Freude an Gott ist unsere Kraft“, besingt es ein modernes geistliches Lied.
Doch Gottes Gegenwart ist nicht einfach greifbar. Vielen ist der Glaube wirklich abhandengekommen. Sein Wort hat seine Bedeutung für ihren Alltag verloren. Gott bleibt in der Schwebe, aber, verheißt der Prophet, er wird da sein an jenem Tag.
Solange Freude im luftleeren Raum bleibt, wirkt sie aufgesetzt, wird eher zum Spaß, zur oberflächlichen Gaudi. Freude braucht ein Ziel.
Die Freude an einem Menschen nennt man ganz zärtlich Liebe.
Liebe ist ein freudiges, begeistertes Ja zum anderen. Das Nachdenken über die Freude ist immer auch ein Nachdenken über die Liebe. Von daher erklärt sich auch der tiefe Zusammenhang zwischen Freudlosigkeit und Lieblosigkeit einerseits und das wunderbare Entstehen der Freude durch die Liebe andererseits.
Sich ehrlich über Gott zu freuen, hat immer etwas mit Liebe zu tun.
Deswegen ist das christliche Glaubensbekenntnis, dass immer im Gottesdienst gemeinsam gesprochen wird, wie eine einzige, große Liebeserklärung.
Es macht glücklich, wenn ein Mensch zu uns sagt: Schön, dass es dich gibt! Wie kostbar ist dann der Augenblick, in dem spürbar wird, dass Gott dem Menschen zusagt: Mein bist Du! Ich werde immer für dich da sein!
Um diese Freude, die in diesem Moment entsteht, geht es.
Amen.
Anbei eine Interpretation des Liedes „Die Freude im Herrn ist die Stärke“: