Wim Wenders: „Ich bin ein gläubiger Mensch“
Der Regisseur und Fotograf Wim Wenders beantwortete zusammen mit seiner Frau Donata gegenüber der Welt am Sonntag einen umfangreichen Katalog von Fragen u.a. über ihre symbiotische Zusammenarbeit und ihre Perspektive auf die Welt. Dabei ging Wim Wenders auch auf seinen Dokumentarfilm aus dem Jahr 2018 mit dem Titel „Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“ ein und bekannte sich im Zuge dessen zu seinem Glauben.
Der 79-jährige Filmemacher berichtete, dass für ihn der Dreh zum Film über Papst Franziskus eine spirituelle Herausforderung gewesen sei. Auf die Frage, ob er dem Glauben nähergekommen sei, bekennt Wim Wenders:
„Ich bin ein gläubiger Mensch.“
Deshalb habe das Risiko eher darin gelegen, vom Glauben abzukommen, was aber offenkundig nicht passiert ist.
Als unsichtbare Qualität des Oberhaupts der katholischen Kirche bezeichnet Wenders dessen großen Humor, der aber „leider“ in jüngster Zeit „immer unsichtbarer“ bleibe, so der Regisseur.
Bereits in der Vergangenheit äußerte sich Wim Wenders auf Nachfrage ganz selbstverständlich zu seinem christlichen Glauben (wir berichteten). Dabei schilderte er, dass er im katholischen Glauben erzogen wurde und er sich heute als „ökumenischer Christ“ fühlen würde.
Der Filmregisseur, der im Jahr 2000 mit seinem Film Buena Vista Social Club in der Kategorie Bester Dokumentarfilm für den Oscar nominiert war, drehte in den letzten Jahren auch glaubensbezogene Filme wie etwa „Das Salz der Erde“ (2014) oder „Papst Franziskus – ein Mann seines Wortes“ (2018). Bereits in seinem Klassiker „Der Himmel über Berlin“ (1987) kommen Schutzengel vor. Im Jahr 2008 erschien sein Film „Palermo Shooting“ mit „Toten-Hosen-Frontmann“ Campino in der Hauptrolle, der sich mit der Vergänglichkeit des Seins auseinandersetzt.
Nachdem Wenders im katholischen Glauben aufgewachsen war, durchlebte er nach eigener Aussage einige Jahre der Glaubensferne, bevor er nach einer Zeit der spirituellen Suche wieder in die evangelische Kirche eintrat. Im Mai 2021 berichtete er gegenüber der „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“:
„Ich musste erst einen großen Umweg machen, sogar über den Atheismus, um wieder zum Glauben zurückzufinden und der Kirche beizutreten. Dann aber der protestantischen.“
2012 erklärte Wim Wenders im Interview mit kultur-port.de zu seiner Zeit der Glaubensferne:
„Ich bin gläubig aufgewachsen und dann kam das Kino, Rock n‘ Roll, 68, der Sozialismus, die Psychoanalyse und Gott weiß was alles dazwischen.“
Dies habe zwanzig Jahre der Suche und viele Reisen zur Folge gehabt, bis er letztlich „voller Freude“ festgestellt habe: „Da, wo ich aufgebrochen bin, mit meinem kindlichen Glauben, da kann ich auch wieder hin zurück“, so Wenders. Im Jahr 2018 nahm der Regisseur im Interview mit kath.ch erneut Stellung zu dieser Phase seines Lebens.
Im Juni 2018 im Interview mit Märkischen Allgemeinen sowie bei seiner sog. Oberlinrede im November 2021 in der Potsdamer Oberlinkirche sprach Wim Wenders über ein existenzielles Ereignis in seinem Leben, das von großer Bedeutung für seinen Glauben war. Gegenüber der Märkischen Allgemeinen berichtete er zum Erleben des Gottvertrauens seines Vaters:
„Ich habe meinen Vater in den letzten Monaten seines Lebens begleitet, und das war für mich eine entscheidende Erfahrung: Er ging ohne jede Angst, ganz ruhig und hat mir im Sterben seinen Glauben vorgelebt. Das hat mich Gott wieder nahe gebracht.“
Weiter bekannte er:
„Ich würde mich jetzt als ökumenischen Christen bezeichnen.“
Auch zu seiner Vorstellung von Gott äußerte sich der Filmemacher in der Vergangenheit. Zu seinem Gottesbild ließ er 2012 im Interview mit kultur-port.de wissen:
„Ich glaube an einen Gott, der uns mit freundlichen Augen beobachtet.“
Er sei kein Fundamentalist, der die biblische Schöpfungsgeschichte so auslegt, als wolle sie die physikalische Entstehung der Welt in sieben Tagen beschreiben. Jedoch sei ihm mit Blick auf die Frage nach dem Woher der Welt und des menschlichen Lebens folgendes klar:
„Sich den menschlichen Geist, das Leben überhaupt vorzustellen, ohne dass es uns jemand reingefunkt hat, ist mir undenkbar.“
Im Jahr 2010 sprach Wim Wenders im Interview mit dem Magazin Chrismon auch über seine Vorstellung von Gott. Er glaube an den Gott, „der sich im Neuen Testament manifestiert, auf unglaublich großzügige, grenzenlos liebevolle Weise“, sagte er damals. Dabei betonte er:
„Ich finde das Neue Testament so atemberaubend, weil es nur Möglichkeiten eröffnet und keinerlei Einengungen. Das ist kein abstrakter Gott.“
Das Wesen Gottes, das sich im neuen Testament in Jesus Christus offenbart, könne er im Gebet spüren. Darüber hinaus erlebe er die Nähe Gottes sowohl in der Wirkung, die das Licht auf ihn bewirkt, sowie in „jeden Akt von Freundlichkeit oder Brüderlichkeit unter Menschen“. Dazu erklärte er weiter:
„Gott spüren zu können ist ja eine kindliche Fähigkeit, die viele Menschen im Lauf der Jahre verlernt zu haben glauben.“
Dabei meine er aber nicht eine Form von Naivität, sondern „dieses Grundvertrauen in ein Gehörtwerden, sich von Gott gesehen und erkannt zu wissen“, so Wenders. Orientierung für seinen Ausdruck gegenüber Gott finde er in den biblischen Psalmen. Zur Wirkung des Betens sagte der Filmemacher:
„Ich habe in meinem Leben Antworten auf Gebete bekommen, gerade dann, wenn ich niemand anderen mehr fragen konnte.“
Man müsse sich nur trauen, mit Gott in Verbindung zu treten und ihn anzurufen. In der Rückbindung zu Gott habe er „oft in mir Gewissheit erfahren oder Frieden mit etwas schließen können“, berichtete Wim Wenders im Rückblick auf seine Gebetserfahrung.
Quellen: welt.de, zeit.de, maz-online.de, promisglauben.de, oberlinhaus.de, kath.ch, kultur-port.de, chrismon.de