Foto: Jen Loon, Rezo Portrait 2019, cropped, CC BY-SA 4.0

YouTuber Rezo: „Ich scheine mehr Respekt vor Jesus zu haben als viele Christen“

„Hütet euch vor den falschen Propheten; sie kommen zu euch in Schafskleidern, im Inneren aber sind sie reißende Wölfe.“ Mit diesen Worten beginnt Jesus seine Warnung vor den falschen Propheten (Mt 7,15-20).

„Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ Mit diesen Worten leitet Jesus seine Aufforderung zum Verzicht auf Verurteilung ein. Die Worte Jesu aus Lukas 6,36-38 bilden komprimiert den roten Faden des Evangeliums.

Immer wieder fallen in den sozialen Medien Menschen auf, die sich auf Christus berufen und andere Menschen abwerten und sich dabei in allzu frommer Weise legitimieren.

In einem Video deckt der Youtuber Rezo genau diese Widersprüchlichkeiten auf und präsentiert Video-Clips von jungen „Christen“, die schwer erträglich sind und alles andere als eine frohe Botschaft beinhalten. Darüber berichteten das christliche Medienmagazin Pro sowie das evangelische Sonntagsblatt.

Im YouTube-Video, das Rezo mit der Headline „Tiktok sagt, warum du in die Hölle kommst“ betitelt, kommentiert der 31-Jährige TikTok-Videos von Christen, die religiös-fundamentalistische Positionen einnehmen und diese in den sozialen Medien kundtun.

Dort getätigte Statements, dass Musik von Taylor Swift, Beyonce oder Kendrick Lamar dämonisch sei, oder etwa, dass Gott aus bestimmten Gründen die Titanic sinken ließ, stufte Rezo als verrückte Theorien und Unsinn ein, der aber erst einmal nicht weiter gefährlich sei.

Als kritisch und gefährlich erkennt der YouTuber diverse Clips, in denen die Bestrafung von homosexuellen Menschen gefordert wird und anderen Christen ihr Glaube abgesprochen wird, weil sie queer sind, feiern gehen oder einfach rauchen.

Auf solche Statements, die nicht mehr harmlos sind und im Widerspruch zum roten Faden des Evangeliums stehen, ging der YouTuber ein und beschrieb dabei seine Sicht der christlichen Botschaft. Rezo merkte an, dass er selbst nicht tief gläubig sei, aber sich seit Kindesbeinen mit dem Glauben und der Bibel auskenne, weil er aus einer Pfarrersfamilie stamme. Seine Auslegung dessen, was er beim Lesen der Bibel mitgenommen hat, beschreibt er mit folgenden Worten:

„Erster im Himmel sind nicht diejenigen, die Waffen glorifizieren, herrschen und in Kriege ziehen. Sondern diejenigen, die anderen Leuten dienen. Wer an Kreuzritter und Soldaten denkt, wenn er an Christen denkt, der hat Christentum im Kern nicht verstanden.“

Verurteilung bis hin zur Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer Sexualität sei alles andere als christlich, stellte Rezo klar.

Weiter brachte er zum Ausdruck, dass bei einer Leseart, die die Bibel wortwörtlich und aus dem Kontext genommen versteht, der Eindruck einer Queerfeindlichkeit entstehen könne. In diesem Kontext fügte Rezo Bibelstellen aus dem Alten Testament an, die, wenn sie ohne Blick auf die Zeichen der Zeit gedeutet werden, auch für heterosexuell lebende Menschen problematisch werden könnten. Der 31-Jährige YouTuber betonte, dass er mit dieser Auflistung nicht im Sinn habe, das Christentum als einen „Psychopathenverein“ erscheinen zu lassen. Vielmehr zeigte er anschließend auf, welches Potential in der Bibel liegt, wenn sie ernst genommen wird, in dem man sie in die heutige Zeit hinein versteht und auslegt. Weiter schilderte Rezo, warum einige Bibelstellen, besonders aus dem Alten Testament, in der heutigen Zeit nicht mehr wörtlich genommen werden könnten. Als Gründe führte er andere kulturelle Wertvorstellung in der damaligen Zeit an. Zudem verwies er darauf, dass Jesus, viele Regeln aus dem Alten Testament, auf deren Einhaltung die Pharisäer pochten, in Frage gestellt habe. Weiter merkte Rezo an, dass viele Christen sich auch den Originaltext anschauen würden und feststellten, dass man einzelne Begriffe auch anders übersetzen könne.

Rezo ermutigte beim Lesen der Bibel selbst zu denken, in dem er darauf verwies, dass Gott den Menschen einen freien Willen gegeben habe und Gläubige individuell seien, weshalb auch einzelne Bibelstelle unterschiedlich ausgelegt würden. Überdies betonte er, dass es nicht in Ordnung ist, wenn ein Gottesbild vermittelt wird, nach dem andere Menschen aufgrund ihrer Sexualität, ihres Aussehens oder ihrer Herkunft als weniger wert erachtet werden. [Anmerkung: So ein Gottesbild steht auch im Widerspruch zum Evangelium!]

Der 31-Jährige betonte aber auch, dass es auf TikTok auch Christen gibt, die mit ihren Statements inspirieren und ihren Glauben positiv feierten. Es gebe so viel „Nices“, worauf man sich fokussieren könne. Als Beispiele dafür nannte er u.a. „so viele christliche Songs“, die einen „nicen Vibe“ haben und vermitteln, sowie Menschen, die von ihren eigenen Erfahrungen mit ihrem Glauben sprechen und damit ermutigen. Dazu betonte er:

„Das sind doch alles coole Sachen, wie man in der heutigen Zeit, Menschen das Christentum näher bringen kann.“

Rezo ermutigte, dass Religion den Menschen bei der eigenen Sinnsuche und auf dem Weg, ein besserer Mensch zu werden, weiterhelfen sollte, so dass man „Glück findet“ und „Nächstenliebe auslebt“. Eine Religion, die „anderen Leuten, die man nicht mal kennt, ihr intimstes, persönlichstes Privatleben“ vorschreiben will, lehnt er hingegen strikt ab.

Sein Video-Statement, in dem er die Denkfehler und Fehlschlüsse von ultrakonservativen Influencerinnen und Influencern schonungslos aufdeckt, abschließend sagte Rezo:

„Ich bin nicht mal richtig gläubig, aber ich scheine mehr Respekt vor Jesus und vor Gott zu haben als viele Christen, weil ich glaube, dass die cooler sind als das.“

Quellen: youtube.com, pro-medienmagazin.de, sonntagsblatt.de, rezobilder.de

Anbei das beschriebene Video von Rezo:

 

Anmerkung: Diese Ausführungen Rezos sollten jedem Christen, der vorschnell verurteilt und auf Einhaltung von vorgegebener, unbarmherziger Frömmigkeit beharrt, zu denken geben. Wurde etwa die berufliche Ausübung am Sabbat zur Zeit Jesu streng untersagt, so hinderte dies ihn nicht, auch am Sabbat barmherzig zu sein, so etwa als er am Sabbat einen Mann, dessen Hand verdorrt war, heilte (siehe Mt 12,9-14). Oder war es nicht Jesus, der sich mit Sündern an einen Tisch setzte und dies mit den Worten „Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer!“ begründete? (Mt 9,9-13). In beiden Fällen wird die Verbitterung der Pharisäer geschildert und im ersten Fall sogar davon berichtet, dass sie aufgrund des Handelns Jesu den Beschluss fassten ihn umzubringen.

So kann der Video-Clip von Rezo dahingehend inspirieren, genau hinzuschauen, wo und auf welche Weise in so manchen christlichen Influencer-Kreisen Pharisäer 2.0 am Werke sind, die dann auch mehr Menschen abschrecken und von der Beschäftigung mit dem Evangelium fern halten.