Campino wendet sich in Grenzsituationen des Lebens an Gott
Der Rocksänger Campino, der der Frontmann der Band „Die Toten Hosen“ ist, berichtete aktuell im Interview mit der Rheinischen Post, dass er insbesondere in Grenzsituationen des Lebens betet und in der Kirche Kerzen anzündet. Das Thema Glauben begleitet ihn in seinem Leben und kommt auch in seinen Songtexten zum Ausdruck.
Während der heute 62-Jährige in den 1990er Jahren in Songs wie „Paradies“ oder „Die zehn Gebote“ den Glauben an Gott noch als freiheitseinschränkend und zwanghaft besang, war in Liedern wie „Nur zu Besuch“ oder „Draußen vor der Tür“ eine andere Tonalität zu hören und erkennbar, dass die Dimension Glauben in seinem Leben eine Rolle spielt. Dies gab Campino auch in Interviews und insbesondere bei einem besonderen Schulbesuch einer achten Klasse der Regine-Hildebrandt-Schule Birkenwerder im Jahr 2008 zu verstehen (wir berichteten).
Im Sommer 2018 schilderte der Toten-Hosen-Frontmann im Interview mit der Tageszeitung „Volksstimme“, dass es im Leben immer darum ginge, sein Verhalten zu reflektieren, um dieses zu verbessern. In diesem Interview erzählte Campino auch, dass auf dem Toten-Hosen-Album „Opium fürs Volk“ aus dem Jahr 1996, auf dem auch der Song „Die zehn Gebote“ enthalten ist, der Umgang mit der Kirche und das Thema Religion eine „große Rolle“ spiele. Weiter erklärte er dazu:
„Ich bin damals auch in ein Kloster gegangen und habe mich mit einem Abt angefreundet, der noch immer zu meinen engsten Freunden gehört.“
Die Klosteraufenthalte von Campino waren in der Vergangenheit auch Thema in der Presse. So titelte die Rheinische Post im Jahr 2005 „Ort der Konzentration und Ruhe: Campino zieht es ins Kloster“. Fünf Mal täglich gehe er zu den Gebeten, um das Mönchsleben nachzuvollziehen, so der Düsseldorfer Rockstar damals. Auch die WAZ berichtete im Februar 2007, dass Campino von Zeit zu Zeit Station in einem Sauerländer Kloster mache. Dazu sagte der Rockmusiker damals:
„Ich brauchte einen Ort, an dem ich mich auf die wichtigen Dinge konzentrieren konnte.“
Bereits um halb fünf sei er aufgestanden, um den ersten Gottesdienst nicht zu verpassen. Der Sauerlandkurier berichtete am 1.10.2008, dass Campino an der Abtei Königsmünster in Meschede, die er regelmäßig zum Abschalten aufsuche, die „unglaubliche Offenheit“ beeindruckt.
Im aktuellen Interview mit der Rheinischen Post nahm er auch auf seine Klosterbesuche Bezug. Campino berichtete zunächst, dass er sich in Grenzsituationen des menschlichen Lebens an Gott wendet, was er wie folgt formulierte:
„Mir ist aufgefallen, dass ich in wirklich bedrohlichen Situationen in diesen Modus verfalle: ‚Lieber Gott, wenn es dich gibt, dann mach doch bitte dies oder jenes‘.“
Der Sänger schilderte sein inneres Verlangen, in solchen Situationen „nichts unversucht“ zu lassen. Zu seinem Tun in Lebenssituationen, in denen ihm die Klarheit fehlte, sagt er weiter:
„Es ist mir im Leben häufiger widerfahren, dass ich ein Stoßgebet losgelassen habe, wenn ich nicht wusste, was ich tun sollte. Und hin und wieder mal eine Kerze in der Kirche anzünden, kann ja auch nicht schaden.“
Die Bedeutung dieses Bezugspunkts im Leben betont Campino, wenn er gegenüber der Rheinischen Post hervorhebt, wie gut es im Leben sei, auch bei Schicksalsschlägen oder bei widerfahrener Ungerechtigkeit weiterhin Zuversicht zu haben. Dazu betonte er:
„Ich glaube, dass es grundsätzlich guttut, mit Zuversicht durchs Leben zu gehen.“
Weiter berichtete Campino von seinen Klosteraufenthalten und erzählte, dass er vor seinem ersten Besuch zunächst Vorurteile über das Leben dort gehabt habe. Diese bestätigten sich jedoch nicht. So erklärte der Sänger zu seiner Erfahrung, die er nach seinem Erstaufenthalt im Kloster gemacht hatte:
„Bei meinem ersten Besuch durfte ich dann feststellen, dass die Mönche wesentlich offener im Gedankenspiel sind, worum es eigentlich beim Glauben geht.“
Seine kritische Haltung zur Kirche, die bei Songs wie etwa „Paradies“ durchklingt, habe sich dadurch aber nicht aufgelöst. Es sei nicht so gewesen, „dass ich aus dem Kloster nach Hause zurückgekehrt bin und dann all die Probleme nicht mehr gesehen hätte, die die Kirche heutzutage hat“, so der Frontmann der Toten Hosen.
Dass seine Haltung zu Glauben und Kirche ambivalent, dabei aber überwiegend positiv ist, zeigte Campino bei eine Schulbesuch im Jahr 2008. Zusammen mit seinen beiden Bandkollegen Andi und Breiti hielt er eine Religionsstunde in der Regine-Hildebrandt-Schule in Birkenwerder. Der Spiegel titelte dazu: „Tote Hosen als Vertretungslehrer: Hey, hier kommt Jesus“.
Campino, der in dieser Zeit auch den Film „Palermo Shooting“ mit dem Regisseur und gläubigen Christen Wim Wenders drehte, in dem es um die Suche nach dem Sinn des Lebens und eine neue Perspektive auf das Leben geht, erzählte den Schülern von seiner christlichen Prägung und sagte in der Diskussion mit ihnen über den Glauben an Gott und die Kirche u.a.:
„Am Glauben kommt man nicht vorbei.“
Den Glauben bezeichnete er als „Kraftquelle“ und erklärte, dass er jedem mit Blick auf diese „Option“ raten würde, „nicht so schnell die Tür davor zuzumachen“. Er habe sich „immer wieder“ in seinem Leben „mit Glauben beschäftigt“ und die Auseinandersetzung damit sollte seiner Meinung nach „niemals enden“. Weiter gab Campino damals zu bedenken:
„Ich denke, dass auch viele Leute im Namen des Glaubens unglaublich gute Sachen machen, über sich selbst hinauswachsen und Kräfte gewinnen, die nur durch ihren Glauben zu erklären sind.“
Außerdem betonte er den Wert der Freiheit, den er mit dem Christentum in Verbindung brachte. Diesbezüglich erklärte er:
„Wenn man genau hinguckt, ist unsere Gesellschaft, unsere gesamte Kultur wahnsinnig durchsetzt und geprägt vom Christentum. Auch unsere Gesetze und unser Anspruch auf Freiheit bauen auf der christlichen Religion auf.“
Nachdenklich stimmt ihn zudem die starke Gewissheit eines Schöpfers, die Menschen durch alle Zeiten und Kulturen hindurch an den Tag legten. Dazu sagte er gegenüber den Schülern:
„Was mich auch immer nachdenklich macht: Egal wie verschieden die Kulturen sind – alle haben irgendwas, woran sie glauben. Das allein sollte einen stutzig machen, ob da nicht ein bisschen mehr dahinter steckt.“
Der begleitende Journalist vom Jugendmagazin Spiesser, der sich als Atheist outete, resümierte nach der Stunde verblüfft: „Ein bisschen ungläubig blicken mittlerweile alle drein. Da haben Deutschlands Vorzeige-Punks tatsächlich ein Plädoyer für den Glauben gehalten. Wer hätte das erwartet?“
Quellen: rp-online.de (1), bild.de, volksstimme.de, rp-online.de (2), sauerlandkurier.de, spiegel.de
Anbei der Song „Draußen vor der Tür“, in dem Campino das Verhältnis zu seinem Vater besingt und in dem die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod zum Ausdruck kommt. An einer Stelle des Videos ist zu sehen, wie Campino mit seinem Vater am Tisch sitzend das Brot bricht.
Hinweis: Tiefgehende Aussagen von Campino zu seinen Klosteraufenthalten finden sich auf den Social-Media-Accounts von „Werkstattgespräche Theologie“:
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