Michael Wolffsohn: „Die biblischen Geschichten haben ganz entscheidend wichtige Botschaften“

Der jüdische Historiker und Bestsellerautor Michael Wolffsohn, der 1988 mit dem Bundesverdienstkreuz und 2023 mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet wurde, hob aktuell im PRO-Podcast „Israel im Krieg“ die Gemeinsamkeiten zwischen Judentum und Christentum hervor.

Im Gespräch mit dem christlichen Medienmagazin PRO nannte Michael Wolffsohn das gemeinsame Erbe von Judentum und Christentum „großartig“. Dabei verwies er zum einen darauf, dass zum einen die Lehren von Jesus ohne die jüdische Ethik nicht zu erschließen seien. Zum anderen sei das heutige Judentum ohne die Auseinandersetzung mit dem Christentum nicht zu verstehen.

Der 76-Jährige berichtete, dass für ihn die gemeinsame Ethik der beiden Religionen lebensrelevant sind. Er lebe und praktiziere sie und sieht sich als „Jesus-Jude“, der Jesus „ohne expansionistische Ansprüche in die jüdische Tradition“ stelle.

Weiter schilderte Wolffsohn, dass er in einem Gottesdienst in München eine Predigt zur Bergpredigt hielt, die gut bei den Gottesdienstbesuchern angekommen sei, weil diese gemerkt hätten, dass ihm „das Gemeinsame“ wichtig ist.

Für den christlich-jüdischen Dialog wünscht sich Wolffsohn ein mitmenschliches Miteinander und ein Besinnen auf die Gemeinsamkeiten, die beispielsweise die gemeinsamen heiligen Texte bieten. Diesbezüglich betont er:

„Diese biblischen Geschichten sind nicht irgendwelche Kindermärchen, sondern haben ganz entscheidend wichtige Botschaften.“

 

Bereit im August 2017 plädierte Michael Wolffsohn im Interview mit dem Deutschlandfunk dafür, in den heiligen  Schriften jüdisch-christliche Symmetrien zu entdecken. Dabei verwies er darauf, dass diese Texte nicht wortwörtlich zu verstehen seien, sondern vielmehr in ihrer Tiefe erschlossen werden müssen. Eindrücklich erklärte der Historiker:

„Das Alte Testament fällt so wenig aus dem Himmel – um mal dieses Bild zu gebrauchen – wie das Neue oder wie der Koran.“

Beispielsweise sei der Gedanke des Monotheismus „keine jüdische Erfindung“, sondern schon im alten Ägypten bei Echnaton oder im Sonnenkult vorhanden gewesen. Mit Blick darauf betonte Wolffsohn:

„Man kann keine Religion verstehen, ohne deren Vorgeschichte zu kennen.“

 

Im Juni 2017 rief Michael Wolffsohn im Interview mit dem Deutschlandfunk Juden, Christen und Muslime dazu auf, trennende Mauern zwischen den Religionsgemeinschaften niederzureißen. Dabei betonte er, dass es gelte, die jeweiligen liberalen Strömungen zu stärken. Es gehe um die „Freiheit, nach dem Geist der Religion“ und nicht nach dem Buchstaben der religiösen Gesetze zu leben.

Weiter verwies der renommierte Historiker darauf, dass Juden, Christen und Muslime „an denselben Gott glauben“ würden, was sich im Laufe der Religionsgeschichten „auseinandergelebt“ habe und vergessen werde. Mit Blick auf die heutige Zeit führte Wolfssohn fort:

„Wir haben jetzt diese Herausforderung mit dem Gottesglauben, also an den Gott in seiner Existenz glaubend oder nicht, Gemeinsamkeiten zu finden und die trennenden Mauern zwischen den Gemeinschaften niederzureißen, ohne dass man die jeweils spezifischen Identitäten auflöst.“

Quellen: pro-medienmagazin.de, deutschlandfunk.de (1), deutschlandfunk.de (2)