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Pater Christoph Kreitmeir: „Gott ist kein Pessimist“

In seiner Auslegung zum heutigen Sonntagsevangelium (Mk 10,35-45) betont unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir, dass unser Leben mehr ist als Gewinn oder Karriere.

 

Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Text-Format: 

 

 

Wir Menschen denken in den Kategorien von Gewinn und Ertrag. Es gehört zu unserem menschlichen Wesen, so scheint es, dass wir fragen, was uns unser Tun bringt, was wir davon haben.

Das gilt auch nicht selten für unseren Glauben. Viele, die aus der Kirche austreten oder zumindest der Gottesdienstgemeinschaft den Rücken kehren, begründen diese Haltung mit den Worten: „Das bringt mir nichts mehr.“ – „Da fühle ich mich nicht mehr wohl“ – „Da habe ich nichts davon“.

Umgekehrt begründen die, die den Gottesdienst und dem Glauben treu bleiben, ihr Verhalten interessanterweise ähnlich: Ihnen hat der Glaube viel gegeben, er hilft ihnen im Leben, der Gottesdienst in der Gemeinschaft mit Gott und den anderen Christen tut ihnen gut.

Wahrscheinlich können wir uns nie so ganz sicher sein, dass das, was wir tun, wirklich selbstlos ist.

Manchmal geht es uns um die Anerkennung durch andere, oder darum, unser eigenes Gewissen zu beruhigen. Manchmal spielt auch die Hoffnung eine Rolle, zumindest irgendwie einmal einen himmlischen Lohn für unseren Einsatz für andere zu erhalten.

Wie fließend und undurchsichtig die Grenzen sein können, zeigt sich, wenn man auf sog. fromm-aktive Menschen oder Christen sieht. Sehen diese ihren Einsatz für die Not der Menschen lediglich als Hobby an? Ist das eine Beschäftigung, um der alltäglichen Langeweile zu begegnen? Geht es um eine Aufwertung des eigenen Images – oder das der Familie?

Wahrscheinlich werden solche Fragen sogar als eine Unverschämtheit angesehen, sie dürfen aber angesichts des heutigen Evangeliums gestellt werden. UND: wie sieht es denn bei mir aus? Können wir mit unserem Tun sicher sein, dass es wirklich selbstlos ist. Irgendwo haben wir immer auch etwas davon, wenn wir Gutes tun.

Wenn wir uns solche Gedanken machen über die Gründe, warum wir uns bemühen, gut zu sein, so kann man sehr leicht zum Pessimisten werden. Sind wir nicht doch durch und durch Egoisten? Geht es letztlich nicht bei allem, was wir Menschen tun, darum, uns selbst ein gutes Gefühl zu verschaffen? Sogar bei dem, was wir Liebe nennen?

Es lassen sich keine Beweise anführen, ob wir Menschen wirklich in der Lage sind, vollkommen selbstlos zu handeln. Es hat letztlich mit unserem Glauben zu tun:

Gott ist kein Pessimist. Er ist davon überzeugt, dass wir wirklich lieben können.

Er hat die Hoffnung nie aufgegeben, dass der Mensch in der Lage ist, sich selbst zu vergessen oder nicht zu wichtig zu nehmen. Jesus hat uns den Auftrag gegeben, anders zu handeln als die Mächtigen der Welt, weil er es uns zutraut. Weil er weiß, dass wir es könnten, dass wir es können.

Wenn wir das glauben, dann ist es im Grunde egal, aus welchen Beweggründen wir etwas tun.

Dann stört es nicht, dass wir bei den Spenden, die wir geben, Steuervorteile erhalten; dass wir bei den Hilfsaktionen, die wir organisieren, in der Achtung anderer steigen; dann kommt es nicht darauf an, ob wir uns selbst gut fühlen. Alles das ist ja erlaubt und auch gut so, aber eben nicht mehr so wichtig.

Jesus hat Johannes und Jakobus den Platz im Himmel nicht verweigert. Aber eines hat er ganz deutlich angesprochen: Dass die Apostel über einander murrten. Der Neid und das sich gegenseitige Vergleichen: mehr Lohn haben zu wollen als der andere, der ja auch weniger Gutes tut als ich.

Wenn wir uns schon selten wirklich über unsere eigenen Motive sicher sein können, dann sollten wir vor allem genauso zurückhaltend und wohlwollend sein, wenn wir über die Motive anderer nachdenken.

Und wir sollten dem Neid, der Eifersucht und dem Sich-besser-Dünken keinen Raum geben. „Bei euch aber soll es nicht so sein …“ 

Amen.

 

Hinweis: Mehr spirituelle Impulse von Pater Christoph gibt es unter

www.christoph-kreitmeir.de