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Pater Christoph Kreitmeir mit Blick auf die Auferstehung: „Erinnere dich, Kirche!“

In seiner Auslegung zum heutigen Sonntagsevangelium (Joh 21,1-19) geht unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir darauf ein, wie die Erfahrung der Auferstehung auch heute Kirche lebendig werden lassen kann.

 

Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Textformat: 

 

 

Unsere Diözesen stehen vor nie gekannten Aufgaben und Herausforderungen: Ihre Strukturen müssen, gewollt oder ungewollt, den Erfordernissen der heutigen Zeit und ihren nicht immer angenehmen Begleiterscheinungen angeglichen werden.

Verständlicherweise sind Einschnitte in gewohnte Strukturen nicht immer problem- und schmerzlos. Erinnerungen an vermeintlich »bessere« Zeiten melden sich zu Wort. An Zeiten, als die Kirchen noch voll, die Messen lateinisch und die Prozessionen mit Weihrauchduft begleitet waren.

So ist es eigentlich auch in unserem privaten Leben. Nicht selten blicken wir wehmütig und sehnsüchtig auf die sog. „gute alte Zeit“ in unserem Leben zurück und wollen dadurch gehemmt eigentlich gar nicht so recht die Herausforderung von heute anpacken. Ein Leben mit 70 ist ein anderes als mit 30 oder 40 Jahren …

Die Jünger von damals waren da nicht anders.

Sie, die aus Furcht um ihr eigenes Leben nach der Verhaftung und dem Tode Jesu in ihre Heimat geflohen waren, gingen schon längst wieder ihrem erlernten Beruf nach. Da kannten sie sich aus, die Nachfolge Jesu war eine Enttäuschung, zurück zu dem, was man halt kann.

Mehr schlecht als recht übten sie tagtäglich das Fischerhandwerk aus, um den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien sicherzustellen. Ihre Tätigkeit war dabei nicht immer erfolgreich … und glücklich waren sie auch nicht …

In einem Moment des Misserfolgs, als sie keine Kraft mehr hatten weiterzumachen, da dachten sie an früher, an die Zeit mit DEM zurück, der ihnen wohl zum ersten Mal in ihrem ganzen Leben gesagt und gezeigt hatte, was sie waren: tüchtige, wertvolle, lebenserprobte und lebenserfahrene Menschen, ohne die die Welt arm und farblos wäre.

UND: auf einmal sahen sie ihn leibhaftig vor sich, wie er ihnen Mut machte, nicht aufzugeben oder klein beizugeben, sondern die tatsächlich vorhandenen Kräfte erneut zu bündeln und noch einmal von vorn anzufangen.

Das war ihre Ostererfahrung – mitten in ihrem eintönigen Alltag, der gepaart war mit Plagerei und Enttäuschung.

Die Erfahrung des Auferstandenen, die Erinnerung an das Leben in seiner Gegenwart gab die Kraft, auch in der von Misserfolg verdüsterten Gegenwart die Netze zuversichtlich wieder auszuwerfen und nicht aus Angst vor einer weiteren Pleite lieber gleich die Hände in den Schoß zu legen.

Kirche damals. Damals, als alles begann. Ein besserer, österlicherer Motivationsanschub kann der Kirche im Jahr 2022 nicht gegeben werden:

Erinnere dich, Kirche!

Erinnert euch, Bischöfe, Priester und Diakone, erinnert euch, pastorale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen! Erinnert euch, ihr Gemeinden und ihr Gläubigen! Erinnert euch an euren Wert, an eure Wichtigkeit. Nicht auf eure Statistiken und Bilanzen kommt es an, sondern auf euer Dasein!

Nicht die Anzahl der Gottesdienstbesucher, die Zahl der Pfarrgemeinden ist entscheidend, sondern ganz allein die Tatsache, dass ihr zusammen kommt, die Botschaft vom Leben hört, den Lebendigen im Brot des Lebens empfangt und, von ihm gestärkt, euch dem Leben stellt. Dem Leben – so wie es heute ist, und nicht, wie es gestern war.

Das ist die Ostererfahrung heute, im Jahr 2022: Kirche lebt, zwar nicht so glorreich wie gestern, aber dennoch da und der Welt Farbe schenkend mitten in unserer Zeit. Die Kraft der Erinnerung an das Leben und an den Lebenden hält Kirche, hält uns lebendig.

Amen.

Hinweis: 

Eine weitere Auslegung von Pater Kreitmeir zum heutigen Evangelium gibt’s bei

katholisch.de