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Pater Christoph Kreitmeir: „Gott ist anders als unsere Bilder von ihm“

Seine Auslegung zur heutigen Sonntagslesung (1 Kön 19, 9ab.11b-13a) und zum heutigen Sonntagsevangelium (Mt 14, 22-33) stellt unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir unter die Überschrift „Kinderglaube hilft nicht weiter“, was er am Beispiel von Elijah und Petrus beschreibt.

Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Text-Format:

 

 

Manchmal läuft alles wie am Schnürchen. Was man auch beginnt, gelingt und bringt Erfolg. Was für eine schöne Erfahrung …

Aber es gibt auch das andere: Nichts will einem mehr gelingen. Statt rosiger Aussichten verdunkelt sich der Himmel und alles wird irgendwie schwer und scheinbar unmöglich. Da möchte man nicht weitermachen, hat „die Schnauze voll“ und resigniert.

Und dann kommt für einen nachdenklichen und gläubigen Menschen auch schnell die „Warumfrage“. Warum ich und warum überhaupt?

Wir alle haben unsere festen Vorstellungen von Gott, auch wenn wir uns nach dem 1. Gebot kein Bild von Gott machen sollen …

Es kann im Leben kritische Situationen geben, wo unser Gottesbild wirklich massiv in die Krise gerät. Doch gerade da hindurch eröffnet sich manchmal die Möglichkeit, Gott neu zu begegnen und neu kennenzulernen.

Diese Erfahrung durfte der Prophet Elija machen, als sein Leben bedroht war und er auf seiner Flucht zum Berg Horeb gelangte. Dort brach er zusammen und wollte nicht mehr weitermachen … und weiterleben. In einer Höhle, wo sich Elija zurückzieht und wie ein verwundetes Tier seine seelischen Wunden leckt, nimmt Gott neu das Gespräch auf mit seinem Diener, seinem Propheten.

Wer kennt solche „Höhlenerfahrungen“ nicht in seinem Leben? Nichts mehr Hörenwollen, nichts mehr Sehenwollen, nichts mehr Redenwollen …

Elijas ehrliche, aber auch beschwerliche Suche nach Gott hat sein Herz im Laufe der Zeit verändert und sensibel werden lassen. Und genau darauf kommt es an im Leben von uns Menschen. Elija lässt sich nicht blenden von mächtigen und gewaltigen Ereignissen am Gottesberg.

Erst als ihn Stille und Sanftheit umgeben, weiß er:  Jetzt ist Gott da.

Er war „nicht im Sturm, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer“, so heißt es. Gott begegnet dem Prophe­ten als „sanftes, leises Säuseln“, ganz unaufdringlich, vorsichtig und zurück­haltend. Gott nähert sich dem Geknickten, Niedergeschlagenen und Enttäuschten tröstend und leise und richtet ihn dadurch neu auf.

Dieses „Säuseln Gottes“ können wir Menschen bis heute erfahren. Würde Gott laut polternd auftreten, sich den Menschen immer in gewaltigen, ja sogar beängs­tigenden Zeichen zeigen, dann gäbe es keinen echten Glauben. Es wäre nur ein ängstliches, zitterndes Gehorchen, zu dem es gar keine Alternative gäbe.

Einem Gott, der sich den Menschen im Erdbeben oder im Feuer zeigt, wür­de man fraglos folgen, alleine schon aus Angst, Opfer seiner Macht und seines Zornes zu werden.

Deshalb ist die Geschichte Gottes mit uns Menschen auch eher eine Liebesgeschichte als ein Wechselspiel von Macht und Ohnmacht.

Denn er nähert sich uns Menschen zurückhaltend, vorsichtig und dezent. Und gerade darin liegt seine Größe. Und darin liegt auch die Größe unserer lebenslangen Beziehungsentwicklung zu Ihm, unserem Gott.

Vielleicht müssen auch wir in unserem Leben immer wieder merken, dass Gott ganz anders ist als unsere Bilder von ihm.

Unser eigener Weg, unsere Haltung dem Leben gegenüber ist immer geprägt von unseren persönlichen Vorstellungen über das, was richtig und falsch ist, von individuellen Wunschträumen und Erwartungen.

Nehmen wir das Leben – unser Leben – wirklich ernst, dann wird es uns helfen, wenn wir – wie Elija und auch Petrus aus dem heutigen Evangelium – mit unseren Vorstellungen, Täuschungen und Enttäuschungen konfrontiert werden. Ent-Täuschungen sind auch das Ende von Täuschungen … Das ist das Gute daran!

Gott ist fähig, aus unserem Fehlglauben und aus unserem Kleinglauben im Laufe der Zeit wirklich einen Glauben werden zu lassen, der realistisch, erwachsen und belastungsfähig ist.

Kein Wischi-Waschi-Glauben und Kinderwunschdenken, sondern ein Glaube, der standhält, der die leisen Zwischentöne hört und sich von Gott aus unseren Verstecken herausrufen lässt (Elija).

Das ist ein Glaube, der nach Jesus schreit und seine Hand ergreift, die ihn ergreift und vor dem Untergehen bewahrt (Petrus).

Schwestern und Brüder, wir durften heute an der „unendlichen Geschichte“ Gottes mit den Menschen an den Beispielen Elija und Petrus teilhaben. Wir durften von Glaubenserfahrungen hören, die von der Entwicklung von Kleinglauben und Angst hin zu Wagemut und Vertrauen griffig und spürbar erzählen.

Also, ich muss sagen, mir und meiner Glaubensentwicklung tun solche Vitaminspritzen wirklich gut. Ich darf von einem sensiblen und seelsorgerlichen Gott erfahren, der tröstet, aufrichtet und leise daherkommt, der aber auch hilfreich zupackt und hilft, wenn man nach ihm schreit und meint, unterzugehen. Amen.

Anbei der Song „Anders als du denkst“ von Samuel Harfst, der die Worte von Pater Kreitmeir nachklingen lässt: