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Pater Christoph Kreitmeir: „Unsere eigentliche Heimat ist der Himmel“

In seiner Auslegung zur Lesung (Phil 3,17 – 4,1) und zum Evangelium am 2. Fastensonntag (Lk 9,28-36) lässt unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir einen Vorgeschmack von Ostern miterleben und beschreibt dabei, worum es im Leben eines Christen eigentlich geht.

 

Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Textformat: 

 

 

Am zweiten Fastensonntag dürfen wir einen Vorgeschmack von Ostern miterleben: In Begleitung von Petrus, Johannes und Jakobus verändert sich Jesus auf dem Berg Tabor im Gebet auf eine Weise, die seine göttliche Seite zeigt. In der hebräischen Überlieferung gilt der Berg Tabor als der Weltenberg und übersetzt bedeutet „Tabbur“ Nabel der Welt. An diesem besonderen Ort geschieht in betender Versenkung ein Hinübergreifen in die geistige Welt, die auf uns wartet, die göttliche Sphäre, in der uns Vorausgegangene – unsere Verstorbenen – uns nahe kommen. In der Verklärungsszene sind es Mose und Elija. Sie stehen gleichzeitig auch für das Gesetz und die Propheten, die in Jesus Christus zu ihrem Ziel kommen.

Das Ziel unserer Lebensreise, das Hinübergehen in die geistige Welt ist unser eigentliches Zuhause. Unsere eigentliche Heimat ist der Himmel.

Eine kleine Anekdote mit einem Wortspiel will das unterstreichen.

Zwei Geistliche fuhren von einer Tagung im Auto zurück nach Hause. Über das Autofahren hatten sie, wie auch in so manch anderen Dingen, unterschiedliche Vorstellungen. Nach einiger Zeit meinte der Jüngere: „Lass mich doch ans Steuer, dann sind wir schneller zu Hause!“ – Darauf der Ältere ruhig: „Daheim sind wir dann vielleicht, aber nicht zu Hause!“

„Daheim sind wir dann, aber nicht zu Hause“ – diese Aussage lässt mich nachdenklich werden über der Frage, wo ich daheim bin und wo mein Zuhause ist. Unser Leben ist keine Fahrt ins Blaue, auch keine Fahrt ins Unbekannte, ins Nichts.

Wir Christen wissen, wo es hingeht. Und man kann es nicht treffender beschreiben als mit: Nach Hause.

Und damit sind wir bei der Lesung, wo Paulus sich über Menschen ärgert, deren Leben allzu weltlich ist, die ihre Lebenszeit mit viel zu viel Irdischem verbringen und dabei das Eigentliche übersehen:

Unsere Heimat ist im Himmel … und von dort her sollten wir unsere Existenz hier auf der Erde interpretieren und leben.

Immer weniger Christen haben diesen entscheidenden Blickwinkel noch. Ähnlich wie ihre materiell gesinnten Mitmenschen, leben sie im Diesseits und haben das Jenseits kaum noch im Blick. Das rein Irdische, das rein Weltliche, das Vergnügen, der Bauch, die reine „Wellness“ aber bringen es doch auch nicht.

Wir brauchen für unser inneres Wohlbefinden immer wieder tiefe Sinnerfahrungen, die uns auch das Leiden, unsere offenen Fragen und so manche dunkle Wegstrecke erklären können.

Solche besonderen Erfahrungen machen uns glücklich, ganz unabhängig von Reichtum und äußerem Wohlergehen. Die Psychologie nennt solche Erfahrungen „Peak-experiences“, Gipfelerlebnisse.

Und genau das erfahren wir im heutigen Evangelium: ein Gipfelerlebnis, das die irdische Dimension, den irdischen Leib Jesu auf dem Berg der Verklärung in einen lichtumhüllten verherrlichten Leib verwandelt. Auf einem besonderen Berg sehen drei auserwählte Jünger ihren Rabbi ganz neu. Sie hören die Stimme Gottes, sie sehen die wunderbare Verwandlung Jesu. Das Ganze ist nicht ein Realitätsverlust überkandidelter Frömmler, die geistig verwirrt sind, das Ganze ist eine Realitätssteigerung, die Wahrnehmung der ganzen Wirklichkeit.

Sie sehen Jesus wie er wirklich ist. Sie sehen die Wahrheit der Wirklichkeit in einem kurzen Moment wie sie wirklich ist: nämlich viel mehr als wir mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen können.

Wie hieß es am Anfang dieser Evangeliumstelle: „… und stieg mit ihnen auf einen Berg, um zu beten“.

Die Verwandlung Jesu geschieht im Gebet. Echtes Gebet bringt eine verborgene Wirklichkeit zum Vorschein, eine Wirklichkeit, die uns zeigt, wer Jesus wirklich ist: der Mensch, der von Gott kommt, der Gott ist.

„Unser Leben ist keine Fahrt ins Blaue, auch keine Fahrt ins Unbekannte, ins Nichts. Wir Christen wissen, wo es hingeht. Und man kann es nicht treffender beschreiben, als mit: Nach Hause.“, sagte ich am Anfang meiner Predigt heute. Der jüdische Talmud spricht davon, dass das Haus eines Juden an irgendeiner Stelle unfertig bleiben muss, um zu betonen, dass wir Menschen Fremdlinge und Wanderer auf dieser Erde sind. Auch der heilige Franz von Assisi lebte das Pilger- und Fremdlingsein in dieser Welt, weil das eigentliche Zuhause der Himmel ist. So ist es nicht verwunderlich, dass sich auf dem Berg Tabor, dem Berg der Verklärung, heute die Verklärungskirche der Franziskaner mit dazugehörigem Kloster befindet.

Unsere Heimat ist im Himmel … und von dort her sollten wir unsere Existenz hier auf der Erde interpretieren und leben. Dazu braucht es immer wieder das Abstandnehmen im Gebet. AMEN.

Hinweis: Mehr geistliche Impulse von Pater Kreitmeir gibt es auf seiner Webseite unter:

www.christoph-kreitmeir.de