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Pater Christoph Kreitmeir: „Wer betet, der ändert seinen Blickwinkel“

In seiner Auslegung zur Sonntagslesung (1 Kön 17, 10-16) und zum Sonntagsevangelium (Mk 12, 41-44) beschreibt unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir, dessen neues Buch „Zuversicht in schwerer Zeit“ kürzlich im Benno-Verlag erschienen ist (siehe HIER), die Qualität eines Lebens mit Gottvertrauen.

 

Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Text-Format: 

 

 

Die alttestamentliche Geschichte, die wir soeben gehört haben, kommt einem fast wie ein Märchen vor: Es ist die Geschichte von der armen Witwe, auf die der Prophet Elija in der Stadt Sarepta trifft. Die Frau hat nichts mehr als ein bisschen Mehl und einen Rest Öl. Damit, so sagt sie dem Propheten, will sie noch einmal ein Brot backen für sich und ihren Sohn und dann wollen sie beide sterben.

Anstatt, dass Elija die dadurch ausgedrückte äußere und vor allem innere Not der Witwe sieht, handelt er wirklich verwunderlich. Elija bittet sie, ja, er fordert sie fast auf, ihm nicht nur Wasser zu holen, sondern ihm auch noch von dem kümmerlichen Rest Mehl ein kleines Brot zu backen.

Allerdings verbindet er es mit dem Versprechen, dass der große SORGER, der HERR helfen wird: Ihr Mehltopf und ihr Ölkrug werden nie mehr leer werden. Und schier unglaublich, was nun geschieht: Die Frau tut, um was Elija sie bittet. Sie gibt ihm ihr letztes Brot. Und in der Tat: Sie wird belohnt mit nie mehr leer werdenden Vorräten.

Das Gespräch zwischen Elija und der armen Witwe ist wie ein Gebet mit einer erstaunlichen Wirkung:

Da, wo der Mensch sich nicht (nur) auf die eigene Kraft verlässt, da kann Gott wirken. Wer betet, der ändert seinen Blickwinkel. Der Blick geht von sich und seinen Sorgen weg zu dem, der für uns sorgt. Veränderung geschieht durch Vertrauen.

Jeder von uns kennt solche Situationen, wo er an eine Grenze gekommen war, wo er nicht mehr weiter wusste, nicht mehr weiter konnte. Veränderung geschah dann durch und in dieser Grenzerfahrung. Man vertraute anderen und wurde Gott sei Dank nicht enttäuscht. Hoffnung wuchs, Heilung geschah, neue Kraft wurde freigesetzt.

Gott arbeitet auch durch Menschen und erweist sich als der „Ich bin da für Dich“.

Wir können nicht die Sorgen der Welt auf unseren Schultern tragen, sie erdrücken uns. Gerade die letzten Jahre mit ihren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen weltweit machen uns Sorgen und nicht selten auch Angst. Ganz wichtig ist dabei aber das gläubige Vertrauen, dass die Welt nicht auf unseren, sondern auf Gottes Schultern liegt. Dieses Vertrauen wird durch das Gebet eingeübt.

Die Kunst des Betens ist, sich auf Gottes Schultern zu stellen, denn ein Zwerg, der wir sind, sieht nicht weit. Wenn er aber auf den Schultern des Riesen steht, sieht er in die Ferne … und von dort her die Lösung kommen.

Jesus Christus ist für Menschen, die an ihn glauben, wie ein Freund, der ihnen nicht nur immer wieder über die Schulter guckt, sie an seiner Schulter ausruhen und auch weinen lässt und ihnen manchmal auf die Schulter klopft.

Er nimmt uns ab und zu auch auf seine Schultern, damit wir von ihm getragen werden und wieder weiter sehen können. Jesus, so sagt es uns die Frohe Botschaft von heute, sieht unter all den vielen Menschen, die in den Tempel gehen, die arme Witwe. Während viele Begüterte mehr oder weniger großzügige Spenden geben, wirft die arme Witwe, die kaum das Nötigste zum Leben hat, ihre letzten Münzen in den Kasten, alles, was sie noch an Geld hat. Sie hat mehr gegeben als alle anderen, so lobt sie Jesus, denn sie hat alles gegeben, was sie besaß. Was aus ihr geworden ist, wissen wir nicht, es wird nicht erzählt. Sie ist aber von Jesus wahrgenommen worden. Sie ist in ihrem Gottvertrauen von Gottes Sohn wahrgenommen worden.

Gebet, Sorgen auf Gott werfen, Echtheit, Herzlichkeit, Würde, Aufrichtigkeit machen den Menschen innerlich reich, auch wenn er äußerlich vielleicht ein Armer bleibt.

Ist es nicht so, dass es eher die weniger Begüterten sind, die großzügiger im Geben sind? Sie kennen Gott eher und seine Hilfe und sie vertrauen darauf. Es gibt Menschen, die mit Gott rechnen … und Gott lässt sie nicht im Stich.

„Sorge Dich nicht, lebe!“, so heißt ein Best- und Longseller von Dale Carnegie, eines Vertreters der „Think-positiv-Psychologie“. Lockende, verlockende Worte, die letztlich nicht weiterhelfen. Ich habe es länger ausprobiert.

Seit einigen Jahren probiere ich etwas anderes aus: „Sorge Dich nicht, bete!“

Ich weiß, diese Aussage kann für den heutigen Menschen eher abschreckend und weltfremd sein. Ich erlebe das Gegenteil. „Sorge Dich nicht, bete!“ ist der Ausdruck von erfahrener Spiritualität, die auf Dauer sehr wohl weiterhelfen kann. Wer beten lernt, der wird angstfreier, vertrauensvoller, ruhiger und gleichzeitig kraftvoller.

Echtes Gebet befähigt Menschen, an dem Platz, wo sie sind, sich mit Zuversicht, Trotzdemkraft und langem Atem zu engagieren.

Wer zu Gott betet, weitet seinen Blick!

Wer Gott dankt, wird bewahrt: in guten Zeiten vor Gleichgültigkeit und Überheblichkeit und in schweren Tagen vor Resignation und Verzweiflung.

Ein Gebet des Vertrauens begleitet mich seit vielen Jahren. Es ist das Lieblingsgebet des seligen Jesuiten Pater Rupert Mayer, das ich gerne an Sie weitergeben möchte:

„Herr, wie Du willst, soll mir gescheh`n
und wie Du willst, so will ich geh`n;
hilf Deinen Willen nur versteh`n!

Herr, wann Du willst, dann ist es Zeit;
und wann Du willst, bin ich bereit,
heut und in alle Ewigkeit.

Herr, was Du willst, das nehm` ich hin
und was Du willst, ist mir Gewinn;
genug, dass ich Dein eigen bin.

Herr, weil Du`s willst, drum ist es gut;
und weil du`s willst, drum hab` ich Mut.
Mein Herz in Deinen Händen ruht!“

Amen.

Anbei das Kirchenlied „Vor der ungewissen Zukunft Gott vertraun“, das die Worte von Pater Kreitmeir nachklingen lässt:

HIER