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Pater Peter Uzor: „Heiligkeit ist ein Geschenk, das Gott jedem Menschen anbietet“

In Auslegung der Lesungen (Offb 7,2-4.9-14 und 1 Joh 3,1-3) und des Evangeliums (Mt 5,1-12) zum Festtag Allerheiligen erklärt unser geistlicher Begleiter Dr. Pater Peter Uzor den tiefen Sinn dieses Feiertages: Berufung zur Heiligkeit.

 

 

Anbei die Worte seiner Predigt aus der heutigen Messfeier in St. Marien Sonnefeld:

 

Vor wenigen Tagen hat Papst Franziskus in Rom 14 Personen feierlich ins Verzeichnis der Heiligen aufgenommen. Die Personen, die vom Papst zu Heiligen erklärt werden, zeichnet jeweils eine besondere Lebensgeschichte aus. Oft sind es Glaubenszeugen, die in Verfolgungen zu Tode gebracht worden sind und vom Volk als Märtyrer verehrt werden. Andere haben durch ihr vorbildliches Wirken als Missionare des Glaubens und der Nächstenliebe Großartiges geleistet. Nicht selten haben sie auch neue Orden oder geistliche Gemeinschaften gegründet.

Diese Jahrhunderte alte Praxis der Kirche prägte das landläufige Verständnis von Heiligkeit. Zweifellos sind diese Frauen und Männer bewunderns- und verehrenswert. Der Blick auf sie verstellt aber häufig jenen Aspekt von Heiligkeit, den wir mit dem Fest Allerheiligen in den Vordergrund stellen.

In der Lesung aus dem ersten Johannesbrief haben wir gehört: „Wir heißen Kinder Gottes und sind es.“ Und: „noch ist nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird.“ In der feierlichen Einleitung des Briefes an die Christen in Rom wendet sich der Apostel Paulus „an alle in Rom, die von Gott geliebt sind, die berufenen Heiligen.“

Alle, die zum Christsein berufen sind, haben Anteil an der Heiligkeit Gottes und seines Sohnes Jesus Christus.

„Sind wir aber Kinder, dann auch Erben; Erben Gottes und Miterben Christi“ (Röm 8,17). Wir gehören gleichsam zur Familie Gottes. Im Gloria der hl. Messe rühmen wir Christus als den allein Heiligen und im Hochgebet preist der Priester Gott als den Heiligen, von dem alle Heiligung ausgeht: „Ja, du bist heilig, du bist die Quelle aller Heiligkeit.“
Diese Texte zeigen uns, was Heiligkeit ist. Die Praxis der Heiligsprechungen und der Heiligenverehrung erweckt unter Umständen den Eindruck, dass man sich Heiligkeit durch besondere Verdienste erwerben könne. Sie verführt manche Menschen zu Scheinheiligkeit, sie bemühen sich durch ein frommes Gehabe aus der Schar der übrigen Christen hervorzustechen. Die Echtheit solcher Heiligkeit wird dann von Menschen, die genauer hinschauen, angezweifelt.

Heiligkeit ist kein Verdienst, Heiligkeit ist Gnade, Heiligkeit ist ein Geschenk Gottes.

Im Evangelium preist Jesus die vielen scheinbar unbedeutenden Menschen selig und spricht ihnen das Himmelreich zu; Glücklich sind die Menschen, sagt Jesus, die in ihrer Armut zu Gott kommen – und das Himmelreich empfangen, allen, die arm sind im Geiste Gottes. Glücklich sind die Menschen, die in ihrer Trauer zu Gott gehen – und getröstet werden. Glücklich sind die Menschen, die ihre harten Seiten bei Gott ablegen – und Lichter werden in der Welt. Glücklich sind die Friedfertigen, die Verfolgten, alle, die jetzt nichts zu lachen haben.

Das wahre Glück ist kein Produkt dieser Welt, sondern hat mit dem Leben in der Wahrheit und in der Liebe Gottes zu tun, mit einem Leben in und nach seinen Geboten.

Das ist der einzige Weg, der sicher zu einem Glück führt, das nicht vergeht. Und das ist der Kern der Bergpredigt: sie verspricht allen, die sich für Christus entschieden haben, nicht eine Welt ohne Schatten, sondern einen Lohn nach dieser Welt der Schatten.

Die Bergpredigt erinnert uns auch daran, dass wir nicht durch uns selbst, durch eigene Leistungen, Eigenschaften und Fähigkeiten heilig werden,  sondern es ist Gott allein, von dem her wir heilig sein können. Er, der Heiligste, hat uns Menschen gewollt, nach seinem Ebenbild geschaffen und Anteil an seiner Heiligkeit gegeben.

Heiligkeit ist ein Geschenk, das Gott jedem Menschen anbietet.

Sie ist ein Wesensmerkmal, Berufung und Auftrag aller Getauften. Damit wird deutlich, dass man sich, um heilig zu werden, nicht vom gewöhnlichen Leben abwenden und außergewöhnliche Dinge tun muss. Jeder Lebensstand kann zur Heiligkeit führen, wenn wir uns nur der Gnade Gottes öffnen, die in uns wirkt. Heiligkeit ist ein Weg, den wir in unserem alltäglichen Leben mit kleinen Schritten gehen dürfen. Als eine ernsthafte und tägliche Verpflichtung sollen wir sie unter den Bedingungen, Pflichten und Umständen unseres Lebens eingehen und mit Liebe und Nächstenliebe leben.

Ähnliches gilt auch für die große Schar von Menschen, die in weißen Gewändern – wir könnten sagen „mit weißer Weste“ – vor Gott hintreten. Sie haben ihre Kleider im Blut des Lammes weißgewaschen – ein paradoxes Bild für das Geschenkhafte, Gnadenhafte ihrer Gottesbeziehung.

Zu Allerheiligen gedenken wir der vielen Menschen, zu denen wir mit Respekt aufschauen, auch wenn sie nicht heiliggesprochen worden sind; weder vom Papst noch von Trauerrednern. Wir vertrauen sie der Gnadenzusage Gottes an.

An diesem Festtag machen wir uns aber auch unsere Berufung und Erwählung zur Heiligkeit bewusst, dass wir Kinder Gottes heißen und sind. Im Zweiten Hochgebet danken wir Gott dafür, „dass er uns berufen hat, vor ihm zu stehen und ihm zu dienen“.

Diese Berufung fordert uns täglich heraus, unser Leben nach dem Geist des Himmelreiches, wie er in den Seligpreisungen und vielen anderen biblischen Texten beschrieben wird, zu leben. An unserem Leben sollten die Menschen erkennen, dass wir nicht nur Kinder Gottes heißen, sondern dass wir uns auch als Kinder Gottes benehmen.

Amen.

Anbei der Song „Vom Sein“ von Samuel Harfst, der die Worte von Pater Peter nachklingen lässt:

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