Foto: facebook.com/rainer.maria.schiessler (mit freundlicher Genehmigung von Pfarrer Rainer Maria Schießler)

Pfarrer Rainer Maria Schießler: „Gott lieben, heißt alles lieben, was ist“

In seiner Auslegung zu den Bibeltexten zum Fest „Taufe des Herrn“ (Jes 42, 5a.1–4.6–7; Mt 3, 13–17) beschreibt der Münchner Stadtpfarrer und Bestsellerautor Pfarrer Rainer Maria Schießler das Original Christliche.

 

Anbei der Impuls, den Pfarrer Schießler auf seiner Facebook-Seite gepostet hat: 

 

Dem Fest der Taufe des Herrn geht es zum Abschluss der Weihnachtszeit um das typisch Christliche. Gemeint sind jedenfalls nicht die vielen Bausteine, geschichtlichen Elemente, Traditionen und Bräuche, Organisationsstrukturen oder einzelne Personen und Ämter, soz. von Ablass über Weihwasser, Taufe, Kreuz, Gebete, Priester, Kirchensteuer, Gotteshäuser, und, und, und – bis hin zu den Zeremonien. Nichts davon ist am Ende das gesuchte Original. Vieles davon gab es schon früher, wurde übernommen und nach eigenen Vorstellungen abgewandelt.

Jesus von Nazareth war kein Religionsstifter in diesem Sinne. Er hat eine neue Bewegung in Gang gebracht. Die Vorlage hierfür ist der Weg Gottes und der ist für ihn ausschließlich die Liebe. Nur sie ist das Originale am Christentum.

Die Liebe, die Jesus in die Welt brachte, ist eine andere als die zwischen den Menschen. Menschen machen immer wieder Unterschiede, sind geradezu darauf angewiesen, den einen zu lieben und den anderen nicht. Der Mensch wird mit seinem Liebes- und das Fassungsvermögen Gott nie begreifen. Gott macht eben keine Unterschiede, lässt die Sonne seiner Liebe über Gute wie Böse aufgehen, lässt seine Gnade wie Regen herabkommen über Gerechte und Sünder zugleich. Seine Aufforderung, „vollkommen zu sein wie der Vater im Himmel“, zeigt uns die Richtung an. Auch wenn wir es nicht bis ganz dorthin schaffen, gehen wir doch auf das Ziel unseres Lebens zu. Damit können wir es auch belassen und uns dem konkreten Alltag widmen.

Dieses Original des Christentums aber ist revolutionär, ist ein wahres Erdbeben in einer Gesellschaft, die von religiösen Gesetzen regiert werden will, wo nur die Pflichterfüllung das Heil bringt: Gebote, Ordnung, Gesetz, alles ist wichtig, von Liebe ist da keine Rede.

Die Bestätigung Jesu nach seiner Taufe durch die Stimme aus dem Himmel: „Dies ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören!“ ist eine klare Kampfansage an alle solche Gesetzesreligionen. Es ist endlich Zeit, mit der Buchstabenklauberei aufzuhören. Es ist nichts anderes notwendig als die Liebe; an ihr wird alles gemessen, wird alles gerichtet. Gemeint ist nicht Rechtsprechung oder Rechtfertigung – das kennt die Liebe nicht. Die Liebe will nur aufrichten, befreien, lösen, so wie es der Prophet Jesaja besingt.

Zwischen Gottes- und der Menschenliebe gibt es keinen Konflikt, sondern nur einen ganz tiefen Zusammenhang: Alles, was ist und aus der Hand Gottes kommt, ist eine große Einheit.

Gott lieben, heißt alles lieben, was ist.

Das ist die einzige, aber auch gewaltige Herausforderung, der wir uns stellen müssen, wenn uns etwas am Original Christlichen liegt: zu allem Leben eine liebende Haltung einnehmen. Das geschieht ganz bewusst ohne Gegenleistung und ohne dass man es spürt, dass man sich gerade verschenkt; jedoch in dem Bewusstsein, dass man alles, was man an Liebe verschenkt, gerade Gott schenkt.

Anbei ein Interview mit Pfarrer Schießler, in dem er erklärt: 

„Gott zwingt nicht, er begeistert!“