Philipp Rösler besucht katholisches Waisenhaus im Vietnam und betet voller Dankbarkeit mit Nonnen

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Der ehemalige Politiker (FDP) und heutige Wirtschaftsmanager Philipp Rösler begab sich auf die Spuren seiner Vergangenheit und besuchte erstmals das katholische Waisenhaus, aus dem er im November 1973, während des Vietnamkrieges, von einem deutschen Ehepaar als Baby adoptiert wurde. Rückblickend zu sehen, wie gut es im Leben für ihn gelaufen ist, sei für ihn wie „eine Erinnerung vom lieben Gott, das zurückzugeben, was ich selbstlos erhalten habe“, sagte der 48-Jährige gegenüber der Bild am Sonntag (BamS).

Philipp Rösler wurde 1973 als Säugling am Eisentor des katholischen Waisenhauses im vietnamesischen Khánh Hung abgegeben. Dort fand er Obhut, bis ihn seine Eltern adoptierten und er fortan in Niedersachsen aufwuchs. Zu den Beweggründen für seine Reise in den Vietnam erklärte der frühere Vizekanzler in der Regierung von Angela Merkel und ehemalige FDP-Chef (von 2011 bis 2013), dass er seine Wurzeln habe kennenlernen wollen. Die Gefühle, die er beim Besuch des katholischen Waisenhauses, aus dem er als Waise im Alter von 9 Monaten adoptiert wurde, erfuhr, könne er gar nicht beschreiben. Beim Blick aus dem Fenster sei ihm der Gedanke gekommen, „was wohl aus mir geworden wäre, hätte es das Schicksal nicht so gut mit mir gemeint“, berichtete Rösler gegenüber der BamS. Beim Nachspüren, welch großes Glück ihm durch die Adoption widerfuhr, sei ihm bewusst geworden, „vom lieben Gott eine Erinnerung bekommen zu haben, das zurückzugeben, was ich selbstlos erhalten habe“.

Auf Twitter teilte Philipp Rösler in mehreren Posts Eindrücke von seiner Reise mit. Dazu schrieb er u.a.:

„Um mehr Zeit zu haben, bin ich am Abend vor der offiziellen Begrüßung zum Waisenhaus gefahren. Die Nonnen waren so freundlich, herzlich und authentisch.“

Als „der bewegendste Moment in meinem Leben“ bezeichnete er den Moment, bei dem die Nonnen begannen, auf Vietnamesisch das Vaterunser-Gebet zu singen, was er wie folgt beschrieb:

„Bernadette brachte mich in ihre Kapelle. Sie fragte mich: Philipp, möchtest du beten?“

Daraufhin sangen alle das „Vater unser“. In dieser Nacht sei ihm klar geworden, dass „Danke“ nicht genug ist und er den Covid-Waisen, die mittlerweile im katholischen Waisenhaus untergebracht sind jetzt helfen müsse, teilte Rösler auf seinem Twitter-Account weiter mit.

 

Most moving moment in my life: Sr. Bernadette brought me to their chapel. She asked me: Philipp, would you like to pray? And in Vietnamese they started singing the pray: “Our Father“. In that night I realized that ‘thank you’ is not enough I have to help the #CovidOrphans, now. pic.twitter.com/yCibDruLVY

— Philipp Rösler (@philipproesler) January 30, 2022

 

Soziales Engagement ist für den gläubigen Christen etwas Selbstverständliches. So wurde Philipp Rösler im Sommer 2018 mit dem „Communio-Preis 2018“ ausgezeichnet. Mit dem „Communio-Preis“ werden Persönlichkeiten geehrt, die sich im Geist christlicher Wertorientierung um eine Kultur des Dialogs, der Verständigung und Versöhnung bemühen und zum Aufbau einer menschenwürdigen und lebenswerten Gesellschaft beitragen. Mit dem Preis sei Röslers „herausragendes Engagement zur Armutsbekämpfung und zur Erreichung der von den Vereinten Nationen formulierten globalen Entwicklungsziele geehrt“ worden, teilte das Erzbistum Paderborn damals mit. Rösler betonte in seiner Dankesrede, dass der Einsatz für Menschlichkeit das Gebot der Stunde sei und von einem jeden unternommen werden müsse.

Schon zu seiner Zeit als deutscher Vizekanzler und FDP-Vorsitzender bekannte Philipp Rösler sich zum christlichen Glauben und verwies dabei auf die Werteorientierung, die er daraus ziehe. Gegenüber der Welt am Sonntag sprach er in einem Interview mit dem Titel „Gott schützt vor Größenwahn“ im Jahr 2011 über seinen Glauben und sagte u. a.:

„Ich bin gern bekennender Christ. Ich bin Liberaler und Katholik. Mein Glauben gehört zu meinem festen Wertegerüst.“

Der Glaube sei sein „innerer Kompass“, an dem er sich orientiere. Weiter sagte er damals, dass sich für ihn Politik und Glaube nicht trennen lassen und dass „ein gesundes Maß an Demut“ der Politik helfe. Auch das Lesen in der Bibel gebe ihm Klarheit. Dazu sagte er:

„Die Bibel ist für mich persönlich auch in der Politik eine wichtige Wertebasis.“

Den Gottesbezug in der Präambel des Grundgesetzes findet Philipp Rösler zudem wichtig, denn:

„Die tiefe Überzeugung, dass es etwas Höheres gibt als uns, schützt uns davor abzuheben.“

Und weiter:

„Die Verfassung schützt die Minderheit vor der Mehrheit, der Gottesbezug den Menschen vor sich selbst.“

Zum Glauben kam Philipp Rösler als er als junger Arzt in einem evangelischen Krankenhaus gearbeitet hat und dort mit Leid und Sterben konfrontiert wurde. Er habe sich dann gefragt, wie die Schwestern damit zurechtkommen würden und habe erkannt, dass sie „aus ihrem Glauben Kraft geschöpft“ haben. Weiter sagte er dazu:

„In dieser Zeit ist der Entschluss in mir gereift, ebenfalls einer christlichen Kirche beizutreten. Und da ich als Baby in Vietnam in ein katholisches Waisenhaus aufgenommen wurde, konnte das für mich nur die katholische Kirche sein.“

Seine damalige Freundin und heutige Ehefrau habe ihn in diesem Schritt bestärkt und war dann auch seine Taufpatin. In der Kirche, in der er im Alter von 27 Jahren getauft wurde, heiratete er 2002 auch seine Frau. 2008 bekam das Paar Zwillingstöchter.

In einer Umfrage unter Politikern der Süddeutschen Zeitung zum Ökumenischen Kirchentag 2010 in München positionierte sich auch Philipp Rösler zu seinem Glauben und der Bedeutung von Kirche für sein Leben. Damals erklärte er:

„Glaube ist für mich in hohem Maße mit der Kategorie Vertrauen verbunden.“

Weiter sagte der ehemalige FDP-Chef:

„Unser privates wie öffentliches Leben ist ohne Glauben, das heißt ohne Vertrauen, nicht denkbar.“

Ein Satz, der bei den Kirchenaustritten heutzutage sowie in einer Zeit, in der viele Politiker sich beim Amtseid mit dem Satz „so wahr mir Gott helfe“ schwer tun bzw. ihn lieber weglassen (wir berichteten), wie aus weit entfernten Zeiten klingt. Für Philipp Rösler dagegen war der christliche Glauben auch in seiner politischen Verantwortung „ein wichtiger Orientierungspunkt“. Diesbezüglich begründete er damals weiter:

„Glaube an Gott und seine Liebe zu den Menschen; eben, dass es eine Kraft gibt, die größer ist als das, was sich Menschen vorstellen können.“

Zur Bedeutung der Kirche für seine Leben betonte Rösler, dass für ihn zum Glauben auch „Gemeinschaft und Leben in der Gemeinde“ gehören und er mit seiner Familie „sonntags oft zur Kirche“ gehe, was ihm helfe, „in einer fordernden Position, durchaus den nötigen Abstand zu halten“. Der Glaube an Gott gebe ihm „Kraft und Hoffnung, gerade auch in schwierigen Zeiten“, so der ehemalige Vize-Kanzler weiter. Nach seiner Botschaft an Gott gefragt, antwortete Philipp Rösler mit einem Wort:

„Danke.“

Damals war Rösler bei weitem nicht der einzige FDP-Politiker, der sich zum Glauben an Gott und zur Bedeutung der Kirche für sein Leben bekannte. So berichte der Spiegel in Ausgabe 47/2009, dass im Deutschen Bundestag die Gruppe der „Christen in der FDP“ wachse, die die Partei sozialer machen wolle. Der Beitrag trug den Titel „Gott ist gelb“. Lang lang ist’s her.

Quellen: bild.de, bunte.de, twitter.com, welt.de, pro-medienmagazin.de, sueddeutsche.de, domradio.de, spiegel.de