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Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil prägt der christliche Glauben bis heute

Für den Schriftsteller und Hochschullehrer Hanns-Josef Ortheil, der zu den bedeutendsten und meistgelesenen deutschen Autoren der Gegenwart gehört, ist der christliche Glauben seit Kindertagen prägend. Darüber berichtet aktuell der Deutschlandfunk mit der Headline Der Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil und die Religion“

Die Romane von Hanns-Josef Ortheil, der am gestrigen 5. November seinen 70. Geburtstag feierte, wurden in über 20 Sprachen übersetzt. Sein Werk wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Thomas-Mann-Preis, dem Nicolas-Born-Preis, dem Stefan-Andres-Preis und dem Hannelore-Greve-Literaturpreis. Im Oktober erschien Ortheils neuestes Werk „OMBRA – Roman einer Wiedergeburt“, das wohl sein persönlichstes Buch geworden ist. Darin erzählt er die Geschichte einer Wiederkehr aus großer Todesnähe. Nachdem im Sommer bei ihm eine schwere Herzinsuffizienz festgestellt wurde, auf die eine OP mit Komplikationen und ein anschließender langer Reha-Aufenthalt folgten, stand das Leben des Erfolgsautors an einem Wendepunkt. In seinem neuen Buch beschäftigt er sich mit existenziellen Fragen wie: Wer ist er gewesen vor der Krankheit? Und wer kann er danach einmal sein?

Eine große Bedeutung hat für ihn seit Kindheitstagen der christliche Glauben, der auch in seine Werke einfließt. Bereits im Mai 2013 erklärte Hanns-Josef Ortheil gegenüber domradio.de:

„Mein kindlicher katholischer Glaube prägt mich bis heute.“

Im Jahr 2014 antwortete er im Interview mit Herder Korrespondenz auf die Frage, ob es einen besonderen Reiz des Katholischen für den Schriftsteller gebe:

„Zum Katholischen gehört das Moment der Freude.“

Dies erfuhr er in seiner Kindheit durch die kirchlichen Feste, nach denen das Familienleben das Jahr über ausgerichtet war. Dazu erläuterte Ortheil:

„Für mich als Kind war das sehr wichtig: Angesichts von drei üblen Tagen, die vor einem lagen, half es, an den nächsten Festtag zu denken.“

 

Der Deutschlandfunk betont aktuell, dass Ortheils Werk nicht zu verstehen sei, ohne sich auf seine Haltung gegenüber Religion, Kirche, Spiritualität einzulassen. So prägen den Autor bis heute „die Glaubensmomente der Kindheit“, die er insbesondere im Rahmen katholischer Messfeiern sammelte. In der Messe habe er „das eigentliche Sehen und Hören“ gelernt und „allen Kummer und alle Sorgen zumindest für die Dauer des Gottesdienstes“ vergessen können. Zu seinen Glaubenserfahrungen in Kindertagen erklärte Ortheil:

„Ich war erst mal in einer Gemeinschaft aufgehoben, die nicht dem Alltag sich hingab, sondern die plötzlich andere Ziele hatte, ein anderes Denken, ein spirituelles Denken hatte.“

In kirchlichen Umfeld habe er die Ruhe gefunden, um sich den großen „Fragen, was dem Leben zugrunde liegt“, zu widmen.

Der christliche Glaube sei in seiner Familie ganz selbstverständlich gelebt worden, was „im selbstverständlichen Einhalten bestimmter Rituale wie dem Beten, in Formen des Umgangs mit anderen Menschen und der großen Liebe, die meine Eltern miteinander verband“, seinen Ausdruck fand, so der Schriftsteller. Zur Präsens des christlichen Glaubens im Leben seiner Familie erklärte Ortheil:

„Er [Der Glaube] war einfach da wie eine Lebensform, die das Leben bis in den Alltag hinein prägt.“

So fand er im Glauben ein Fundament, „was einen rettet oder was einen in die Zukunft trägt“. Im Zuge dessen wurde ihm ein Gottesbild vermittelt, was er beschreibt als „Vorstellung eines Getragenseins, von etwas, von dem man kein festes Bild hat, aber das in einem dieses Vertrauen hinterlässt, in dieser Welt an einem Ort aufgehoben zu sein“. Dieses Gefühl, in der Welt aufgehoben und durch Gott geschützt und getragen zu sein, habe seinen Eltern geholfen mit schwierigen Lebenssituationen wie den Verlust vieler Kinder umzugehen.

Auch heute sind Hanns-Josef Ortheil das Gebet in Form der inneren Einkehr und der Kirchenbesuch wichtig. Sein Gottesbild sei gegenüber dem seiner Kindheit heute „eher abstrakter“ und die Kirche schätzt er heute mehr als sakralen Raum der Stille. So gehe er „häufig“ alleine in eine Kirche, um zur Ruhe zu kommen und innezuhalten.

An den Gottesdiensten stört ihn, dass er heute darin „die Nähe der Formulierungen zu einem dogmatischen Glauben“ wahrnimmt und sie in der Sprache weit, von dem entfernt seien, was den christlichen Glauben seiner Meinung nach ausmache: nämlich die Frohe Botschaft, die den Menschen verwandelt. Ortheil sieht ein wesentliches Fundament im christlichen Glauben darin, „dass der Mensch, wenn er wirklich glaubt, aus allem, was er bisher war, herausgerissen wird und an ihn die Anforderung ergeht, ein völlig neues Leben zu führen“.

So kann er nicht verstehen, dass man in den Predigten „nicht näher am biblischen Text“ bleibe und „man nicht konkreter über das Leben, das wir jetzt leben – und was aus den Texten für unseren Glauben folgt“, redet. Dabei erkennt er in den Erzählungen des Neuen Testaments große Freiheiten jenseits dogmatischer Enge. Dazu betont der Erfolgsautor:

„Jesus ist nicht der dogmatische Besserwisser, sondern er ist derjenige, der auf die Menschen, auf die er sich beziehen muss, sehr, sehr genau eingeht.“

In diesem Sinn gehe es nach Ortheils Meinung im Glauben nicht um eine Anleitung, die von der Kirche festgelegt wird, sondern vielmehr um „eine spirituelle Durchdringung der Welt von innen, eine Auslegung, die immer frei bleibt“.

 

Bereits im Jahr 2014 erklärte Hanns-Josef Ortheil im Interview mit Herder Korrespondenz, dass er große Schwierigkeiten damit habe, wenn in Predigten so getan werde, „als wüssten wir genau, was Gott sagt, meint und tut“ und infolgedessen den Gläubigen „über die biblischen Texte hinweg“ aufgezeigt wird, „was Gott mit ihnen vorhat“. Dazu betonte er:

„Wenn man das Neue Testament liest, fällt doch sofort auf, dass selbst der, der es am besten wissen müsste, äußerst zurückhaltend mit Aussagen über Gott ist – und sich in dieser Hinsicht nur sehr vorsichtig äußert.“

Als zentral und besonders sieht er im christlichen Glauben die Liebe, die in der Gemeinschaft erfahrbar wird, in dem Sinne, „dass Menschen aufeinander zugehen, sich einander öffnen und sich nicht nur mitteilen, was sie gerade gekauft haben – sondern sich erzählen, warum, was und wen sie lieben“. Weiter sagte er:

„Die Einbeziehung des inneren emotionalen Bereichs, die Öffnung im Gespräch und im Zusammensein halte ich für ganz zentral christlich.“

Dies gehe anderen Religionen ab, „die den Gläubigen meditativ alleine“ ließen. Dazu betonte er:

„Ein besonderer Zauber des Christentums besteht darin, von einer durch Emotionen geprägten Gemeinschaft zu träumen, die sich zu gemeinschaftlichem Handeln bekennt.“

In seinem Buch „Glaubensmomente“, das 2016 im btb-Verlag erschien, gab Hanns-Josef Ortheil Einblicke in sein persönliches Glaubensleben. Dabei präsentierte er Ausschnitte aus seinen Romanen, in denen der Glaube immer wieder aufscheint als das Fundament, das Leben trägt und zusammenhält. Susanne Stimmer schreibt in ihrer Empfehlung zum Buch: „Hanns-Josef Ortheil zu lesen, heißt, einzutauchen in bodenständiges Christentum.“

Quellen: deutschlandfunk.de, domradio.de, herder.de, helfen-schafft-freunde.de