Ulrich Walter: „Wer als Wissenschaftler in die Natur hineinschaut, der sieht eine große Ordnung“
Der deutsche Physiker, Wissenschaftsjournalist und -moderator Ulrich Walter, der seit 2003 Inhaber des Lehrstuhls für Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München ist und zum erlauchten Kreis der deutschen Weltraumfahrer gehört, sprach vor kurzem im Interview mit teleschau über den Perspektivwechsel, den die 10-tägige Raumfahrt im Frühjahr 1993 bei ihm ausgelöst hat.
Ende April 1993 brach Ulrich Walter als einer der ausgewählten Astronauten an Bord des Orbiters Columbia in Richtung Erdumlaufbahn auf und betreute rund 9o Experimente während des zehntägigen Fluges. Das „da oben“ Erlebte begleite ihn auch heute noch täglich, erklärte der 68-Jährige aktuell im teleschau-Interview. Sein Staunen über die Schöpfung bringt Walter, der sich als „überzeugter Wertechrist“ bezeichnet, wie folgt zum Ausdruck:
„Zu erleben, wie schnell man über Deutschland und ganz Europa hinweg ist, und wie vergleichsweise lange doch der Überflug über China, die USA oder Russland dauert, das rückt die Perspektiven auf die Welt und auf die Schöpfung an sich zurecht.“
Seit Jahren erklärt Ulrich Walter in den Medien physikalische Zusammenhänge. So moderierte er zwischen 1998 und 2003 die Wissenschaftssendung „MaxQ – Lust auf Wissen“ im Bayerischen Fernsehen. Für N24-Online schrieb er von 2013 bis 2016 die Kolumne „Wissen schafft was“. Seit September 2016 moderiert er beim Sender Welt die Weltraumdokureihe Spacetime. Gegenüber teleschau erklärte Walter, dass ihn die Entstehung des Universums „schon immer interessiert“ habe. Inzwischen verstehe er, wie das Universum entstanden sei und so habe er nun „das Bedürfnis, das den Zuschauern näherzubringen“, schilderte der Autor des Bestsellers „Die verrückte Welt der Physik“.
Das Nachdenken über die Entstehung des Universums führte bei ihm auch zu einem Nachdenken über Gott, was Ulrich Walter bereits vor Jahren darlegte. Als 2005 mit Joseph Ratzinger ein Deutscher Papst wurde, stellte das Magazin Focus in der Reportage mit dem Titel „Lassen Sie uns über Gott reden“ die Frage, wie es die Landsleute des Papstes mit der Religion halten. Im Rahmen dieser Reportage erklärte Ulrich Walter, dass sein Raumflug ein Nachdenken angestoßen habe und dieses Nachdenken ihn „mehr verändert [habe] als der Raumflug selber“. Dazu schilderte der promovierte Physiker:
„Wer als Wissenschaftler in die Natur hineinschaut, der sieht eine große Ordnung, eine unwahrscheinliche Harmonie. Alles ist so super aufgebaut!“
Würde man eine der Naturkonstanten – etwa Gravitation oder elektromagnetische Kraft – nur geringfügig verändern, bräche das gesamte Universum zusammen. Da habe irgendeiner so lange an den Schrauben gedreht, bis der Motor richtig läuft, ist sich Ulrich Walter gewiss. Dabei brachte er zum Ausdruck, dass sich sein Glaube nur teilweise mit den Dogmen der Kirche vertrage. Zu seinem Gottesbild ließ er wissen:
„Mein Gott, das ist eine Kraft über den Dingen, die uns das Regelwerk der Natur gegeben hat. Die Welt funktioniert nach seinen Vorstellungen.“
Im Mai 2009 berichtete Ulrich Walter im BR-alpha-Forum im Gespräch mit Ursula Heller, dass seine Entscheidung Astronaut zu werden, in der Christmette 1985 gefallen sei. Weiter sagte er, dass die zehn Tage im All sowie die Geburt seiner Kinder „das Intensivste“ gewesen seien, „was ich in meinem Leben erlebt habe.“
Auf das besondere Momentum 1985 während der Christmette angesprochen, verbunden mit der Frage, ob er sich zu seinen religiösen Wurzeln bekenne, erklärte Walter:
„Ja, ich bin religiös.“
Es sei aber nicht so, dass er im All eine neue Erleuchtung bekommen habe, sondern:
„Es ist vielmehr so, dass derjenige, der religiös ist, von dieser Situation im All sehr betroffen ist: Man sieht von dort aus nämlich die Welt mit anderen Augen und denkt darüber nach.“
Diese Ausführungen bewogen die Interviewerin Ursula Heller zu der Aussage, dass sie diese Ansicht „erstaunlich und seltsam“ finde für jemanden, der „ganz rational denkt“. Darauf erklärte Ulrich Walter, dass es nicht so sei, dass Wissenschaftler ausschließlich rational im Leben unterwegs sind, auch wenn das die Leute glaubten. Dazu betonte er:
„Das Schöne am Wissenschaftler ist, dass er Gefühle hat.“
Zusätzlich habe er „noch die Möglichkeit, Dinge rational zu erkennen“. Hinsichtlich dessen führte Walter weiter aus:
„Es ist genau dieses Zwischenspiel zwischen Gefühl und Emotion einerseits und Rationalität andererseits, das mich dazu bringt zu sagen: ‚Es ist toll, dass ich das habe! Ich kann beides!‘ Deswegen tun mir die Leute auch leid, die nur rational sind oder nur Gefühle haben.“
Er akzeptiere, dass er nicht alles bis ins Letzte hinein mit Vernunft erklären könne, resümierte der promovierte Physiker.
Quellen: regionalheute.de, focus.de, br.de, welt.de
Anbei unser aktuelles Interview mit Prof. Harald Lesch über Glauben, Wissenschaft, sein persönliches Christ-Sein und die Schönheit im Universum: