Foto: © European Union 2019 – Source: EP, Ursula von der Leyen presents her vision to MEPs 2, cropped, CC BY 4.0

Ursula von der Leyen: „Gott ist immer bei mir“

Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am vergangenen Wochenende zum ersten Mal die christliche Gemeinschaft von Taizé besucht. Tief beeindruckt äußerte sich die 63-Jährige evangelische Christin auch zu ihrem Glauben.

Die Gemeinschaft von Taizé ist ein internationaler ökumenischer Männerorden im französischen Taizé, dem rund 100 Männer aus etwa 30 Ländern angehören, die aus der evangelischen und katholischen Kirche stammen. Bekannt ist die Gemeinschaft vor allem durch die ökumenischen Jugendtreffen, zu denen jährlich rund 100.000 Besucher vieler Nationalitäten und Konfessionen kommen. Eine der Vielen, die als Jugendliche Taizé besuchte, ist die deutsche Pop-Sängerin Lena Meyer-Landrut, die im August 2008 eine Woche lang Meditationsferien im Kloster von Taizé machte. Gegenüber der BILD-Zeitung berichtete sie im Mai 2010 über ihre dort gesammelten Erfahrungen, wozu sie u.a. sagte: „Es ist eine Gemeinschaft, wie ich sie noch nie erlebt habe, die jedem vergönnt sein sollte.“ Am Anfang ihrer Karriere war die Sängerin auch mit einem Taizé-Kreuz um den Hals zu sehen (Mehr dazu gibt’s unter bild.de).

Nun erlebte auch Ursula von der Leyen dieses besondere Taizé-Gefühl, das ihr als Jugendliche verwehrt blieb. Wie domradio.de berichtet, erklärte von der Leyen, dass sie selbst bis dato noch nicht in Taizé war, aber schon seit den 70er Jahren vom besonderen Flair dieser Gemeinschaft weiß. In dieser Zeit seien ihre Brüder und Cousins in Taizé gewesen und seien „verändert“ zurückgekommen, was sie als „fantastisch“ empfand und was einen „großen Eindruck“ bei ihr hinterlassen habe. Seit damals trage sie den Wunsch in sich, diesen besonderen Ort zu besuchen, was ihr nun endlich vergönnt ist. Nun habe sie selbst erfahren, dass die Stimmung „fantastisch“ ist. Und das an einem Tag, der eine besondere Bedeutung für Ursula von der Leyen hat. Der Tag ihres Besuchsantritts in Taizé am 26. August ist zugleich der Todestag ihrer kleinen Schwester Eva-Benita, die im Alter von 11 Jahren an Lymphdrüsenkrebs verstarb.

In Taizé erzählte von der Leyen auch von den Erfahrungen im Umgang mit dem Tod ihrer Schwester. Dabei sagte die evangelische Christin, dass dieser Geist, der in Taizé wahrnehmbar ist, „Licht, Vertrauen und Hoffnung“ in ihre Familie zurückgebracht habe.

 

 

Bereits vor vielen Jahren sprach Ursula von der Leyen über die Leiderfahrung, die ihre Familie damals machen musste. Im April 2006 berichtete sie in der ARD-Sendung „Beckmann“, dass die Diagnose ein ganz tiefer Schock gewesen war und sie in der Familie ihre Schwester gepflegt haben. Auf diese Zeit zurückblickend schilderte sie damals: „Ich erinnere mich noch dunkel, dass wir uns natürlich die Frage gestellt haben: Warum Benita?“. Mit den Jahren verwandelte sich die Trauer in Dankbarkeit. Bei Beckmann erklärte die heutige EU-Kommissionspräsidentin, dass sie das Gefühl spüre, „wie schön, dass es Benita gegeben hat, elf lange Jahre.“

In Taizé bekannte nun von der Leyen, dass der Glaube an Gott, sie in den Höhen und Tiefen des Lebens trägt. In ihrer Ansprache lobte die 63-Jährige, auch im Hinblick auf die aktuelle Situation in Europa, Taizé als Leuchtfeuer der Hingabe, Liebe, Solidarität, des Friedens und des Dialogs mit Gott, woraus Nachhaltiges für die Gemeinschaft entstehen könne. Wie kath.ch berichtet, wurde die Politikerin während ihres Aufenthalts in Taizé auch nach ihrer Beziehung zu Gott gefragt. Dazu bekannte Ursula von der Leyen:

„Gott ist immer bei mir.“

Ihr Glaube habe sie geprägt und zu der Person gemacht, die sie sei. Darüber hinaus sei ihr Glaube auch prägend für ihre Art, Entscheidungen zu fällen. Diesbezüglich zeigte sie sich überzeugt, dass sie einmal vor dem höchsten Richter für ihre Taten geradestehen muss.

Die tragende Kraft die sie in ihrer Beziehung zu Gott erlebt, schilderte von der Leyen mit Verweis auf den berühmten Satz von Arno Pötzsch, den die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann vor Jahren bekannt gemacht hat. So sei auch sie sich in Zeiten großer Probleme gewiss, dass sie nicht tiefer als in Gottes Hand fallen könne.

Wohl aus dieser eigenen Gewissheit heraus ermutigte Ursula von der Leyen am Ende ihres Taizé-Aufenthaltes die Jugendlichen nachdrücklich, für ihre Werte einzustehen, dies im Glauben zu tun und dabei auch auf die anderen Religionen zuzugehen.

 

Ursula von der Leyen steht seit vielen Jahren ganz selbstverständlich zu ihrem Glauben. Zu ihrer Vorstellung von Gott sagte sie einmal gegenüber dem Magazin Chrismon:

„Gott ist für mich eine höhere Instanz, vor der ich mich verantwortlich fühle. Und zwar nicht nur für das, was ich getan, sondern auch für das, was ich unterlassen habe. Gerade in der Politik ist es verführerisch, konfliktbeladene Wege zu meiden. Das heißt aber auch, wie Pontius Pilatus die Hände in Unschuld zu waschen. (…) Ich spüre diese tiefe Sicherheit: Wenn ich falle und nicht mehr kann, ist da ein Gott, in dem ich mich aufgehoben und in schwachen Momenten geborgen fühle.“

 

In ihrer Zeit als Familienministerin rief Ursula von der Leyen Eltern dazu auf, ihre Kinder im Glauben zu erziehen. Wie n-tv im März 2006 diesbezüglich berichtete, sagte von der Leyen damals in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“:

„So selbstverständlich, wie wir den Kindern die Muttersprache mitgeben, müssen wir ihnen Religion mitgeben.“

Die siebenfache Mutter ermutigte dazu, dass Eltern mit ihren Kindern beten, insbesondere weil solche Rituale im Alltag hilfreich seien und auch die eigene Identität festigten. Dazu betonte sie:

„In einer Welt, die unsicherer und unbeherrschbarer wird, werden zwei Dinge wichtiger, die man persönlich beeinflussen kann: die Familie und die Religion.“

Weiter hob Ursula von der Leyen damals hervor:

„Religion und Religiosität helfen, Vertrauen in die Zukunft zu haben.“

Ein Vertrauen, das sie aktuell eindrucksvoll in Taizé im Umgang mit dem Tod ihrer Schwester an den Tag legte.

Quellen: kath.ch, domradio.de, bild.de (1), bz-berlin.de (1),  bz-berlin.de (2), bild.de (2), bz-berlin.de (3), n-tv.de

Anbei die beschriebene Ansprache von Ursula von der Leyen in Taizé (Start ab Minute 15):