Wolfgang Niedecken: „Ich bin katholisch aufgewachsen, mein Vater war sehr gläubig“
Im Text zum Bap-Hit „Verdamp lang her“ aus dem Jahr 1981 verarbeitete Bap-Frontmann Wolfgang Niedecken einst den Tod seines rund sechs Monate zuvor verstorbenen Vaters. Darin hob Niedecken auch dessen Glauben hervor. Im Interview mit der Schwäbischen Zeitung sprach der 71-Jährige aktuell über den Glauben seines Vaters, der ihn bis heute prägt.
In dem Lied „Verdamp lang her“ kommt der Refrain erst nach der vierten Strophe, was die Bedeutung des Songinhalts für den Texter und Sänger zeigt. Die ersten Strophen enthalten Reflexionen über den Zustand von Niedecken. Nach dem Refrain geht es um die Sprachlosigkeit, in der sich Vater und Sohn Niedecken zum Schluss befanden, und ein Bedauern darüber. Dazu erklärte Wolfgang Niedecken im Juni 2017 gegenüber der FAZ:
„Auch schon vor seinem Tod bin ich immer rumgelaufen mit dem Gedanken: Wie können wir das nochmal hinbekommen? Dann war er tot.“
Im Song kommt an einer Stelle auch so etwas wie eine Hoffnung auf, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, wenn Niedecken mit Blick auf seinen Vater auf Kölsch textet:
„Häss fess jejläuv, dat wer em Himmel op dich waat,
‚Ich jönn et dir‘, hann ich jesaat.“
(Hochdeutsch): „Hast fest geglaubt, das jemand im Himmel auf dich wartet,
‚Ich gönne es dir, hab ich gesagt.“
Im Interview mit der Schwäbischen Zeitung nimmt der Sänger aktuell Bezug auf die Dimension Glauben und die Prägung in dieser Hinsicht durch seinen Vater. Danach gefragt, ob er religiös sei, antwortete Niedecken:
„Ich bin katholisch aufgewachsen, mein Vater war sehr gläubig. Ich bezeichne mich als Restkatholik, ich kann es nicht ablegen, obwohl ich aus der Kirche ausgetreten bin.“
Aus der Kirche sei er zudem erst nach dem Tod seines Vaters ausgetreten, weil er ihm diesen Schritt zu Lebzeiten „nicht antun“ hätte können. Die Vorstellung, die Verstorbenen im Himmel später wieder zu treffen, verneint Niedecken nicht. Auf die entsprechende Frage erklärte er gegenüber der Schwäbischen Zeitung, dass er es nicht wisse.
Dass die Dimension Glauben in seinem Leben mitschwingt und er alles andere als ein Atheist sei, betonte Wolfgang Niedecken in den letzten Jahren des Öfteren (wir berichteten).
Im November 2011 erlitt der Sänger einen Schlaganfall. Nach diesem Ereignis teilte er mit, dass sein Gottvertrauen wachse und sein Glaube gegenüber dem Zweifel leicht überwiegt.
Das in der Kindheit grundgelegte Gottvertrauen half ihm beim Umgang mit dem existenziellen Ereignis der Erkrankung. Vor einigen Jahren erklärte Niedecken gegenüber Kölner Stadtanzeiger:
„Ich habe ein so unfassbares Glück gehabt, dass ich feststellen kann: Mein Gottvertrauen wächst.“
In seiner zweiten Biographie schrieb Niedecken: „Ich bin kein Atheist, dazu mache ich mir viel zu viele Gedanken über Religion. Aber ich kann auch nicht sagen, woran ich glaube. Ich weiß nur, dass nach dem Schlaganfall und meiner Genesung mein Gottvertrauen zugenommen hat.“ Im Interview mit domradio.de im Juni 2019 erklärte der Sänger hinsichtlich dieser Zeilen:
„Ich war nie ein Atheist. Ich bezeichne mich immer als restkatholisch. Als Atheist könnte ich gar nicht leben.“
Er sei zu 51 Prozent gläubig, was er auch auf seine christliche Erziehung zurückführt. Dazu betonte Niedecken:
„Das ist mir so vermittelt worden, da habe ich auch meine Werte letztendlich her. Das ist meine Religion, in der ich aufgewachsen bin und ich empfinde das auch so.“
Er habe ein lockeres Verhältnis zum Herrgott, mit dem er regelmäßig in Kontakt tritt, was er gegenüber domradio.de wie folgt weiter beschrieb:
„Ich habe so eine Form von Beten entwickelt, die ist relativ locker. Der Gott, an den ich glaube, hat auch viel Humor und viel Verständnis.“
Zudem brachte Niedecken zum Ausdruck, dass er die Gesundung von seinem Schlaganfall mit Gott in Verbindung bringt. Diesbezüglich erklärte er:
„Nach der Genesung dachte ich mir: Dä Herrjott meint et joot met mir, auf jeden Fall.“
Dass sein Bild vom „Herrgott“ durchweg positiv ist, erklärte Wolfgang Niedecken auch im Mai 2019 im Interview mit dem Magazin Chrismon wie folgt:
„Ich halte ihn [Gott] für sehr sympathisch. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er sagt: Bleib in der Spur, zweifele nicht zu viel. Ich hatte unglaublich viel Glück in meinem Leben!“
Weiter berichtete Niedecken, dass das Gebet für ihn von Bedeutung ist. Er rede „mit Gott wie unter Kumpels, wie der Priester in den alten Don-Camillo-Filmen“, so der Künstler. Diese Art des Zwiegesprächs mit Gott, das er als „eine Art agnostisches Beten“ bezeichnet, ist ihm wichtig. Dazu betonte er:
„Es gibt auch Zeiten, wo ich denke: Du hast dich zu lange nicht mehr mit ihm unterhalten. Dann kriege ich ein schlechtes Gewissen.“
Gegenüber dem Spiegel sagte Niedecken im März 2020 zu seinem Gottesbild:
„Wenn ich an etwas glaube, dann an einen ‚lieben‘ Gott, nicht den strafenden, bösen.“
Dass er Gott als gut empfindet, brachte der Sänger im Jahr 2016 in Bap-Song „Dä Herrjott meint et joot met mir“ zum Ausdruck.
Quellen: schwaebische.de, wikipedia.org, faz.net, domradio.de, chrismon.evangelisch.de, spiegel.de
Anbei ein Statement von Wolfgang Niedecken zu seinem Song „Dä Herrjott meint et joot met mir“.
Eine Live-Version zum Bap-Hit „Verdamp lang her“ gibt’s HIER