Julia Klöckner: „Kirche muss über den Alltag und das Irdische hinausweisen“
Als Bundestagspräsidentin Julia Klöckner als gläubige Katholikin darauf hinwies, dass sich die Kirche wieder mehr dem Kerninhalt des Glaubens sowie „grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod“ widmen sollte als sich wie eine NGO zu sehr auf tagespolitische Stellungnahmen wie etwa der Frage nach Tempo 130 zu fokussieren, erntete sie in der Folge viel Zustimmung aber auch vielfach Kritik, auch innerhalb der Kirche (wir berichteten). Dabei wurden ihre Aussagen mitunter aus dem Zusammenhang gerissen. Nun äußerte sich Julia Klöckner erneut zu ihrer Sicht auf die Kirche im politischen Diskurs in Interviews mit der katholischen Wochenzeitung ‚Die Tagespost‘.
Julia Klöckner erklärte, dass die Aussagen von ihr zur Rolle der Kirche für die Gesellschaft „skandalisiert“ worden seien. Die Kirche dürfe sich „selbstverständlich“ politisch äußern, müsse aber „über den Alltag und das Irdische hinausweisen“. Weiter sagte die 52-Jährige:
„Und wenn sie [die Kirche] meint, sich zu Regeln im Straßenverkehr mit umfangreichen Stellungnahmen äußern zu müssen, dann muss sie es meiner Meinung nach erst recht bei Fragen des Lebensschutzes machen.“
Zu ihrer stringenten Sichtweise auf den Lebensschutz vom Beginn des Lebens bis zu dessen Ende erklärte Klöckner im Tagespost-Interview:
„Der sterbende Mensch, dem wir die Hand in der letzten Lebensphase reichen, wie auch das Ungeborene, das unsere Hand noch nicht greifen kann, benötigen eine Stimme und Empathie.“
Die Menschenwürde gehöre „zu jedem menschlichen Dasein untrennbar dazu“, fügte die Präsidentin des Deutschen Bundestages an.
Auch im Interview für die aktuelle Ausgabe 3/2025 des christlichen Medienmagazins PRO sprach Julia Klöckner über die Rolle der Kirchen in der politischen Debatte und darüber hinaus über ihren persönlichen Glauben. Im Gespräch mit PRO betonte die CDU-Politikerin, dass ihre kritischen Äußerungen zur politischen Positionierung der Kirchen nicht gegen die Kirche gerichtet gewesen, sondern aus Sorge um deren Relevanz entstanden seien. Dazu erklärte sie abermals:
„Kirche muss über den Alltag und das Irdische hinausweisen. Ich bedaure, wenn sie sich zu Themen wie dem Tempolimit äußert, aber zu Fragen des Lebensschutzes leise bleibt.“
Dies sage sie „nicht von außen in die Kirche hinein, sondern als gläubige Katholikin und Kirchenmitglied“, fügte Klöckner an. Ihre Sichtweise zum Lebensschutz unterlegte sie mit der Auffassung, dass Christen „Anwälte für das Leben“ sein sollten. Dabei wünsche sie sich „ein stärkeres Engagement der Kirchen“, so Klöckner.
Insgesamt liege „der Kern der Relevanz einer Kirche“ aber nicht in ihrer allgemeinpolitischen Betätigung. Diesbezüglich betonte Klöckner:
„Es gibt viele Parteien, aber für einen getauften Christen nur eine Kirche.“
Überdies äußerte sich die bekennende Katholikin im PRO-Interview auch zu sehr persönlichen Erfahrungen, die ihren Glauben geprägt haben. Sie berichtete von ihrem Aufwachsen im katholischen Umfeld mit engagierter Kirchenjugend und „tollem Pfarrer“, was „sehr prägend“ für sie gewesen sei. Die Erfahrungen im Laufe des Kirchenjahres vermittelten ihr „Zugehörigkeitsgefühl und Glauben“. Dazu betonte sie:
„Kirche ist ein Stück Heimat, bis heute.“
Zu persönlichen Erfahrungen im Umgang mit der Begleitung ihres Vaters in den Tod ließ Julia Klöckner wissen:
„Wenn ich es schaffe, zu sagen ‚Dein Wille geschehe‘, obwohl ich gerade etwas anderes will, dann zeigt sich doch oft mit etwas Abstand, dass dieses Vertrauen sich bewährt.“
Auch äußerte sich die Präsidentin des Deutschen Bundestages dazu, warum sie einst neben Politik auch katholische Theologie studierte. Ursprünglich habe sie Religionslehrerin für das Gymnasium werden wollen, wozu sie durch „zwei richtig gute Lehrer in den Fächern Religion und Sozialkunde“ inspiriert worden sei. Klöckner schilderte, dass schon damals ihr politisches und ethisches Interesse an Themen wie „Bioethik, Organspende, die Unversehrtheit des Körpers und vieles mehr“ grundgelegt wurde und die Themenfelder „Stammzelldiskussion, die Frage der Sterbehilfe, Palliativmedizin, Präimplantationsdiagnostik“ bis heute für sie in ihrem politischen Wirken sehr wichtig seien. Über allem stehe für sie die Frage:
„Ist es gut, wenn ich all das tue, was die Wissenschaft ermöglicht? Wer ist die Autorität, an der ich mich orientiere?“
Quellen: die-tagespost.de, pro-medienmagazin.de
Hinweise:
- Das Interview von Julia Klöckner mit der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ gibt es HIER.
- Das PRO-Interview mit Julia Klöckner ist in der aktuellen Ausgabe 3/2025 des Christlichen Medienmagazins PRO erschienen und online HIER abrufbar.