Bernhard Schlink: „Die Kirche ist eine Gemeinschaft, der ich mich verbunden fühle“
Der Jurist, emeritierter Hochschullehrer und Schriftsteller Bernhard Schlink, dessen Roman Der Vorleser zu einem internationalen Bestseller wurde, sprach kürzlich im Interview mit dem Magazin Chrismon über gelingendes Leben, Freiheit und Gott.
Bernhard Schlink erklärte, dass er in einem protestantischen Elternhaus aufwuchs und dort gelernt habe, „ein selbst bestimmtes Leben“ zu führen, was in seinen Augen Freiheit bedeutet. Zu seiner religiösen Prägung berichtete der 80-Jährige, dass sein Vater Theologieprofessor war und an jedem Sonntagmorgen ein Bach-Choral, vor jedem Frühstück Losungen der Brüdergemeinde sowie nach jedem Abendessen Bibellektüre zum Familienleben dazugehörten. Auch der sonntägliche Gottesdienstbesuch sowie eine häusliche Liturgie am Karfreitag hob Bernhard Schlink in der Erinnerung an seine christliche Sozialisation hervor. Dazu sagte er:
„Das Zusammenleben erhielt seine Rituale durch die Religion.“
Auch wenn er als Kind durchaus manchmal „lieber etwas anderes“ gemacht hätte, erkennt er im Rückblick dieses Angebot als bereichernd, weil er „Rituale im Leben mögen gelernt“ habe und ihm bewusst geworden ist, dass Rituale das Leben entlasten. Während sein Vater Rituale in das Familienleben einbrachte, habe seine Mutter ihm und seinen Geschwistern „eine starke Gewissensbindung mitgegeben“, berichtete Bernhard Schlink weiter. Auch dies beschreibt er als wertvoll, was er damit begründet, dass im Laufe des Älterwerdens „aus der mitgegebenen die eigene Gewissensorientierung und -bindung“ werde.
Auch heute fühlt sich Bernhard Schlink mit der Kirche verbunden. Dies aber weniger aus Glaubensgründen als viel mehr durch den Wert, den er in der Gemeinschaft der Gläubigen und im Erleben in der Kirche entdeckt. Dazu sagte er:
„Ich habe schon früh eher an die Kirche geglaubt als an Gott.“
So sei er immer gerne in die Kirche gegangen, weil ihn „die Lieder, die Liturgie, der Raum und die Zeit zum Träumen und Nachdenken“ angesprochen haben. Weiter berichtete der Bestsellerautor, dass er auch heute noch in die Kirche gehe, dort aber oft die Predigten als „unsäglich banal“ empfinde. An einen Kirchenaustritt denke er indes aber nicht, was er wie folgt begründet:
„Sie [Die Kirche] ist eine Gemeinschaft von Menschen, die guten Willens sind, der ich mich verbunden fühle.“
Auch wenn er selbst keine Beziehung zu Gott gefunden habe, zeigt er sich dankbar für seine religiöse Prägung in Kindheit und Jugend. Dies begründet er damit, dass er dadurch „die Freiheit des Christen“ kennengelernt habe. Diesbezüglich erklärte er:
„Sie hat ihren Grund darin, dass wir in dieser Welt, aber nicht von dieser Welt sind.“
Dieses Bewusstsein beschreibt er als entlastend von weltlichen Abhängigkeiten. Weiter betont er dazu:
„Uns ist gegeben, um die Bedingtheit von allem zu wissen, was wir tun – auch wenn wir es mit ganzem Einsatz tun.“
Quelle: chrismon.de