Foto: Manfred Werner (Tsui), Campino - Amadeus Awards 2013, cropped, CC BY-SA 3.0

Campino über seine Vorstellung von Gott: „Da sind diese Momente von Herrlichkeit“

Toten-Hosen-Frontmann Campino stellte sich für die Serie „Fragen an das Leben“ aktuell im Magazin Chrismon den tiefsinnigen Fragen des Journalisten Dirk von Nayhauß. Dabei äußerte er, dass die Frage nach Gott sowie der Wert von Ehe und Familie für sein Leben von Bedeutung sind.

Vor über zehn Jahren erklärte Campino in Beitrag Tote Hosen als Vertretungslehrer – Hey, hier kommt Jesus“ im Jugendmagazin Spießer, dass er im christlichen Glauben aufwuchs. Damals sagte er:

„Seit vielen, vielen Jahren beschäftige ich mich schon mit Religion. Mein Vater war Presbyter in der Kirche, und ich saß sonntags immer hinten auf der Holzbank und wollte einfach nur, dass es vorüber geht. Trotzdem hat mich das Thema nie losgelassen.“

Im aktuellen Chrismon-Interview brachte der 58-jährige Sänger zum Ausdruck, dass die Beschäftigung mit Gott in seinem Leben nach wie vor eine Rolle spielt:

„Da sind diese Momente von Herrlichkeit: Der Blick in den wolkenlosen Himmel, man sieht die Sterne und spürt, wie klein die Dinge sind, die einen stressen, und wie weit das Leben sein kann.“

Um sich zu besinnen nimmt sich Campino schon seit vielen Jahren Auszeiten in der Atmosphäre eines Klosters (wir berichteten). Dies betonte er auch gegenüber Dirk von Nayhauß. Als dieser ihn nach seiner Vorstellung von Gott fragte, berichtete Campino u.a.:

„Ich ziehe mich manchmal in ein Kloster zurück, Abt Stefan ist ein Freund von mir.“

Dort beeindrucke ihn eine „unglaubliche Toleranz“, die er erfahre. So stehe es ihm frei am Abendmahl teilzunehmen, obwohl er aus der Kirche ausgetreten ist. Nicht nur dafür zeigt er sich dankbar, denn zudem ist ihm bewusst:

„Ich weiß, dass ich als letzten Zufluchtsort dort immer eine Kammer bekäme. Sobald ich durch die Tore gehe, fällt Druck von mir ab – und ich kann mich konzentrieren, Probleme lösen.“

Weiter schilderte Campino im Chrismon-Interview, dass sein Leben durch die Geburt seines Sohnes einen Perspektivwechsel erfuhr:

„Es war wohl eine Fügung, dass ich vor 16 Jahren Vater ­wurde.“

Im Zuge dessen habe er ein neues Verantwortungsbewusstsein in seinem Leben erfahren und begonnen seine Prioritäten im Leben „neu zu setzen“.

In der TV-Sendung „Kölner Treff“ vom 21.07.2017 äußerte Campino schon einmal, dass existenzielle Lebenssituationen zu einem Wendepunkt in seinem Leben geführt haben. Damals nahm er beispielhaft Bezug auf den Tod eines Mädchen, das beim 1000. Konzert der Toten Hosen im Jahr 1996 in der Menge erdrückt wurde. Dazu erklärte er:

„An diesem Abend wurde mir klar, dass man immer Verantwortung für die anderen hat.“

Dies sei eines der Erlebnisse gewesen, die zum „Wendepunkt“ in seiner „Gedankenwelt“ führten.

Im aktuellen Chrismon-Interview betonte der Punker, der in seinem Hit „Hier kommt Alex“ im Jahr 1988 „den Kreuzzug gegen die Ordnung“ besang, dass ihm heute der Wert der Ehe und die Erfahrung von Liebe wichtig sind. So habe sich seine Hochzeit im letzten Jahr „absolut richtig“ angefühlt. Weiter sagte Campino:

„Als gegenseitiges Bekenntnis finde ich die Heirat sehr schön.“

Dass die christlichen Werte für sein Leben von Bedeutung sind, brachte der Frontmann der Toten Hosen auch schon im November 2009 gegenüber einer 8. Klasse der Regine-Hildebrandt-Schule in Birkenwerder zum Ausdruck, als er und seine Bandkollegen Andi und Breiti eine Vertretungsstunde als Religionslehrer hielten. Damals erklärte der Punkrocker:

„Immer wieder in meinem Leben habe ich mich mit Glauben beschäftigt. Die Auseinandersetzung damit sollte meiner Meinung nach niemals enden.“

Weiter betonte er u.a. den Wert des Sonntags und der Freiheit, was er mit christlichen Glauben verband. Dazu sagte Campino damals:

„Niemand denkt groß über den Sonntag nach, aber wenn man genau hinguckt, ist unsere Gesellschaft, unsere gesamte Kultur wahnsinnig durchsetzt und geprägt vom Christentum. Auch unsere Gesetze und unser Anspruch auf Freiheit bauen auf der christlichen Religion auf.“

Das von den Punkern mit den Schülerinnen und Schülern Besprochene irritierte den begleitenden Autor dermaßen, dass dieser die Unterrichtsstunde wie folgt resümierte: Ein bisschen ungläubig blicken mittlerweile alle drein. Da haben Deutschlands Vorzeige-Punks tatsächlich ein Plädoyer für den Glauben gehalten. Wer hätte das erwartet? „

Quellen: chrismon.evangelisch.de, spiegel.de, youtube.com

 

Die Dimension Glaube scheint bei den Songs „Nur zu Besuch“ (2002) und „Draußen vor der Tür“ (2012) durch, die Campino für seine verstorbenen Eltern geschrieben hat.

Im Lied „Nur zu Besuch“, das Campino seiner verstorbenen Mutter gewidmet hat, besingt er, dass seine Mutter weggezogen sei. Der Song endet mit einem Ausdruck der Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, was Campino wie folgt formuliert: „Und so red‘ ich mit dir wie immer. Und ich verspreche dir. Wir haben irgendwann wieder jede Menge Zeit. Dann werden wir uns wiedersehen. Du kannst dich ja kümmern, wenn du willst, dass die Sonne an diesem Tag auch auf mein Grab scheint.“

Im Lied „Draußen vor der Tür“ für seinen verstorbenen Vater bringt Campino die Hoffnung über den Tod hinaus mit Zeilen wie „Und heute, wo du weit weg bist, kann ich dich langsam so viel besser sehen“ oder „Ich habe kapiert, dass ich dich nie, niemals verlier’“ zum Ausdruck. Zudem betont er in dem Song den Wert der Vergebung.

 

Hier das Video zum Song „Draußen vor der Tür“, in dem die Tür-Symbolik sowie das Brechen des Brotes beim Abendmahl ins Auge fällt: