Foto: PromisGlauben e.V.

Gefängnisseelsorger Alexander Glinka inspiriert Schüler zum Wert der Vergebung

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Der Gefängnisseelsorger Alexander Glinka arbeitet in einer JVA in Nordrhein-Westfalen mit Inhalten von PromisGlauben. Am 29. März 2023 war der 34-Jährige zu Gast am Berufsschulzentrum Riesstraße in München, an dem PG-Gründer Markus Kosian als Wirtschafts- und Religionslehrer tätig ist. Dort sprach der Gefängnisseelsorger vor 130 Auszubildenden für Medienberufe, für Einzelhandel und für Steuern über seine Arbeit im Knast und die Werte von Reue, Demut, Vergebung und Resozialisierung.

Im September 2022 meldete sich Alexander Glinka beim Team von PromisGlauben und berichtete, dass er „seit mehreren Jahren ein Follower“ unserer Facebook-Seite ist und die Arbeit von PromisGlauben „sehr“ schätze. Weiter teilte der Gefängnisseelsorger mit, dass er in seinen „Gruppenarbeiten als auch Einzelgespräche in der seelsorgerlichen Arbeit im Vollzug“ mit den Inhalten von PromisGlauben arbeitet, indem er über Aussagen von Prominenten zum Glauben und den damit verbundenen Werten mit den Gefängnisinsassen in den Dialog kommt. Dazu schrieb Glinka:

„Promis sind heute bessere Glaubensbeispiele für kirchenferne Menschen, als Heiligen Figuren des Mittelalters.“

Vielmehr kann es über Promi-Aussagen dann auch gelingen, auf Biographien und Wirken von Heiligen zu sprechen zu kommen.

Er habe nun die Idee die Ausstellung PromisGlauben in der Kirche in seiner JVA „auszustellen, um ein Projekt mit Inhaftierten und außenstehenden Menschen aus dem Raum Dortmund zu realisieren“.

Das klang spannend. PG-Gründer Markus Kosian meldete sich bei Alexander Glinka und ließ sich von seiner Arbeit im Gefängnis berichten. Die Chemie stimmte.

In seinem Kurs „Projektmanagement – PromisGlauben“, den Kosian an der Berufsschule für Medienberufe in München anbietet, berichtete er von den Telefonaten mit Alexander Glinka und zeigte einen YouTube-Clip über dessen Arbeit im Gefängnis. Die einhellige Reaktion der Schülerinnen und Schüler darauf war: „Der muss zu uns an die Schule kommen.“ 

Die Idee zu einem Event mit Alexander Glinka am Campus Riesstraße war geboren. Dafür wurde die Ausstellung PromisGlauben zur Präsentation in der Woche vor den Osterferien in der kleinen Aula des Berufsschulzentrums neu gestaltet und ein Termin mit dem Gefängnisseelsorger ausgemacht.

Am 29. März 2023 war es dann soweit. Alexander Glinka kam nach München und hielt vor 130 Schülerinnen und Schülern einen Vortrag über seine Arbeit im Gefängnis, den Einsatz von Promi-Statements dabei sowie über die Werte von Reue, Vergebung und Resozialisierung. Dabei wurde auch ersichtlich, welche Qualität das Handeln von Menschen aus der Rückbindung zu Gott für die Gesellschaft hat. Immer wieder war zu erkennen, dass die lebendige Beziehung zu Jesus Christus die Motivation ist, aus der heraus Alexander Glinka agiert.

Zu Beginn seines Vortrags mit dem Thema „Kirche im Knast – Die Arbeit in der Gefängnisseelsorge“ erklärte Glinka zu den Beweggründen für seine Arbeit, dass ihn der Satz Jesu „Ich war im Gefängnis und ihr habt mich besucht“ aus dem Matthäus-Evangelium in der Bibel (Mt 25,36) tief angesprochen habe und ihn nicht mehr losließ. Über Umwege landete er dann im Jahr 2017 in der Gefängnisseelsorge und spürt, dass er hier seine Berufung gefunden hat.

Sein Dienst im Gefängnis wurde erst nach einem Perspektivwechsel möglich. Im Jahr 2011 sei er noch überzeugt gewesen, dass Menschen, die anderen etwas Schlimmes angetan haben selbst auch leiden und mit ihrer Schuld leben sollen. Die vernunftbegründete Auseinandersetzung mit der Botschaft Jesu  verwandelte seine Haltung. So wurde sein Weg zum Gefängnisseelsorger mit der aufkommenden Überzeugung möglich, dass der biblische Gott ein Gott der Versöhnung ist und bei ihm die Schuldiggewordenen die Chance zur Umkehr und einem Neuanfang bekommen. Dazu betonte Glinka:

„Man soll sich ein Beispiel an Jesus nehmen, denn er hatte eine Vorliebe für den Kontakt mit Schuldnern!“

Die Beschäftigung mit der Person Jesu Christi sowie mit der damit verbundenen christlichen Soziallehre führte zum Wendepunkt in seinem Denken, womit ihm der Dienst als Gefängnisseelsorger nachhaltig möglich wurde. Wie er im Jahr 2023 denkt, schilderte Alexander Glinka mit folgenden Worten:

„Jeder Mensch hat seine Geschichte. Kein Mensch kam als Straftäter auf die Welt. Irgendwas ist in der Lebensbiografie passiert, wieso man zum Täter wurde. Wieso man dies tat… Alle Straftaten verurteile ich… aber dem Täter begegne ich mit seiner gottgeschenkten Menschenwürde. Ich bin nicht der Herr, der richtet und beurteilt. Das macht ein Anderer. Ich versuche, aber so wie ER mit den Schuldiggewordenen umzugehen.“

In seiner Arbeit gehe es ihm im Kern darum, anderen etwas Gutes zu tun und sich um die Seele zu sorgen.

Auf aufkommende Schülerfragen, ob es nicht Taten gebe, in der Menschen ihr Recht auf Hilfestellung verwirkt hätten, erklärte der studierte Theologe und Erziehungswissenschaftler, dass er in der Begegnung nicht das Verbrechen, sondern einfach den Menschen sehe, der für ihn seinen Menschenstatus nicht verloren habe. In seinem Tun inspiriere ihn das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lukas 15,11-32), in dem der Vater seinem verlorenen Sohn, der gesündigt hat, so begegnet als ob nichts passiert wäre. Ihm ist klar, dass andere Menschen, ähnlich wie der ältere Sohn im Gleichnis, seine mit Wertschätzung betriebene Arbeit nicht nachvollziehen können und das für Reibung sorge. Glinka betonte:

„Ich bin hier nicht im Namen der Justiz tätig, sondern im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

Er sei nicht dafür da, um zu richten. Dies sei nicht die Aufgabe der Seelsorge. Vielmehr versuche er der Person ins Gewissen zu reden und die Dinge aus einer anderen Perspektive zu beleuchten.

In einem Gedankenexperiment reflektierte Glinka mit den Schülern die Frage, was den Menschen zum Menschen macht. Im Dialog mit den Schülern kam er zum Ergebnis, dass eine komplette Reduktion des Menschen auf eine fehlerhafte Tat, alle positiven Eigenschaften und Taten desselben Menschen ausblenden würde. Natürlich gebe es auch Licht und Schatten im Gefängnis, schilderte Glinka. Dabei betonte er aber:

„Wenn man im Knast auf die Tat reduziert wird, ist man ja fast identitätslos.“

Ihm gehe es darum, dass Menschen sich nicht selbst auf ihre Tat reduzieren und in die Lage kommen, sich auch selbst zu vergeben. In diesen Fällen mache er Menschen klar, dass sie nicht die Tat sind und es einen Gott gibt, der ihnen vergibt. Wenn dieser Prozess der Reue eintritt, ist der Weg zur Resozialisierung geebnet. Werte wie Verantwortung, Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und Versöhnung treten dann in den Vordergrund.

Um diesen Perspektivwechsel anzuregen, arbeitet Alexander Glinka auch mit den Inhalten von PromisGlauben. Die Frage „Gibt es heute keine gläubigen Menschen mehr, die uns ein Vorbild sein können?“ führte Glinka zur Internetrecherche, wobei er bei PromisGlauben landete. Beeindruckt von den mittlerweile über 1.100 Promis, über deren Glauben und Werteorientierung wir in den letzten fünf Jahren auf unserer Webseite sowie Facebook-, YouTube- und Instagram-Seite berichtet haben, baute er Stars als Vorbilder in seine Seelsorgearbeit ein und schaffte damit einen Zugang, um über diese Biographien mit Gefängnisinsassen in Dialog über ihren Glauben und ihre Wertevorstellung zu treten.

Den Schülerinnen und Schülern am Campus Riesstraße zeigte er am Beispiel von Hollywood-Star Mark Wahlberg, der als Jugendlicher wegen versuchten Totschlags im Gefängnis saß, auf, wie prominente Vorbilder Inspiration für einen Perspektivwechsel sein können. Wahlberg berichtet heute, dass er sein Leben mithilfe eines Priesters retten konnte und ihm heute sein Glaube, seine Ehe und Familie sowie Werte wie Vergebung, Treue, Demut und Nächstenliebe wichtig sind. Die Gewissheit zu erlangen, dass ihm vergeben ist, stellte für Wahlberg den Motor für ein gelingendes Leben dar. Mit inspirierenden Posts in den sozialen Medien sowie mittlerweile auch mit Filmen wie seinem aktuellen Film „Father Stu“ trägt der Hollwood-Star heute selbst dazu bei, Menschen zu ermutigen und Hoffnung zu verbreiten.

Seinen Vortrag beendete Alexander Glinka mit einer Gefängnis-Seelsorger-Weisheit. In Anlehnung an die Worte Jeus „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie“ sagte der 34-Jährige:

„Wer im Leben noch keine gebrannte CD gehabt hat bzw. keinen illegalen Download vollzogen hat, soll den ersten Stein werfen!“

Eine ausdrucksstarke Stille begleitete diese Worte. Die darauf folgende Fragerunde zeigte, wie bewegend die Worte des Seelsorgers waren, dass sein Vortrag nachklingen wird und wohl 130 Menschen zum Nachdenken über den Wert der Vergebung in ihrem eigenen Leben inspirieren wird.

Anbei eine Bildergalerie zum Vortrag von Alexander Glinka am 29. März 2023 am Berufsschulzentrum Riesstraße in München: