Gerhard Thiele: „Ich habe mein Astronautensein nie im Konflikt mit meinem Glauben empfunden“
Die Astronautenkandidatin Insa Thiele-Eich, die als erste deutsche Frau ins All fliegen will, betonte in Interviews zu ihrer Mission, dass sie in ihrem Elternhaus und in der Kirche mit viel Urvertrauen ausgestattet wurde (wir berichteten). Ihr Vater ist der Astronaut Gerhard Thiele, der im Jahr 2000 für 11 Tage im Weltall war. Neben der Naturwissenschaft faszinieren den 68-Jährigen Philosophie und Spiritualität.
Im November 2018 sprach Gerhard Thiele mit dem Magazin EnergieWinde des Energiekonzerns Ørsted über seine Erfahrungen im Weltall. Dabei berichtete er, dass ihn die 11 Tage im All nicht großartig verändert haben. Eine „immer wieder gern angeführte Horizonterweiterung“ habe er nicht erfahren, was er sich damit erklärt, dass ihn „Philosophie und Spiritualität“ schon zuvor faszinierten. Zu seinem Glauben erklärte Thiele:
„Ich bin bekennender Christ, aber Gott hat oben nicht zu mir gesprochen, jedenfalls nicht anders, als hier unten auf der Erde.“
Im April 2018 sprach Gerhard Thiele im Vorfeld eines Themengottesdienstes in der Bad Godesberger Christuskirche, zu dem er mit seiner Tochter Insa Thiele-Eich eingeladen war, mit dem General-Anzeiger über seinen Glauben. In diesem Interview erklärte der evangelische Christ, dass für ihn Naturwissenschaft und Glauben gut zusammenpassen, weil sich beide Disziplinen „mit ähnlich gelagerten Fragen, aber mit völlig eigenem Zugang“ beschäftigen würden. Dazu betonte Thiele:
„Unsere Lebenswirklichkeit ist komplexer, als dass man sie nur auf eine Art erfassen könnte.“
So sei er im Jahr 2000 auch ohne inneren Widerspruch als gläubiger Christ ins Weltall geflogen, was er wie folgt weiter beschrieb:
„Ich habe mein Astronautensein nie im Konflikt mit meinem Glauben empfunden.“
Zu Äußerungen wie „Glauben heißt nichts wissen“ hat Gerhard Thiele eine klare Haltung. So betont er, dass er zu Versuchen, die Existenz Gottes wissenschaftlich zu beweisen, nur folgendes sagen könne:
„Glauben ist viel stärker als Wissen. Ich möchte an die Existenz Gottes glauben dürfen.“
Die Ansicht, dass die moderne Welt Gott nicht mehr brauche, bezeichnet der Physiker als „Irrweg“. Dazu erklärte er weiter:
„Der Weg der Physik, die Welt zu verstehen, kann nicht dazu führen, Gott zu ergründen.“
Ganz in diesem Sinne beschäftigten ihn, nachdem die Anspannung der ersten Tage im All nachließ, nicht die Frage nach dem Wie der Welt und des Universums. Vielmehr kam im beim Blick von oben auf die Lichter der Städte am Nil folgender Gedanke in den Sinn:
„Warum bist du eigentlich hier oben und kannst genau das sehen?“
Dabei erkannte er, dass nicht in erster Linie seine Fähigkeiten oder die Ingenieurskunst entscheidend dafür war, sondern derjenige Mensch, dem vor langer Zeit beim Anblick des Sternenhimmels über sich die Frage durch den Kopf ging, „wie es wohl wäre, dort oben zu sein“.
Quellen: energiewinde.orsted.de, ga.de