Foto: Rolf K. Wegst, Albrecht Beutelspacher, cropped, CC BY-SA 3.0

Mathematiker Albrecht Beutelspacher: „Glaube heißt nicht, den Verstand auszuschalten“

Der Mathematiker Albrecht Beutelspacher ist gläubiger Christ und kann die Weisheiten der Bibel gut mit den Erkenntnissen seiner Wissenschaft überein bringen. Darüber sprach er aktuell im Interview mit dem christlichen Medienmagazin Pro.

Albrecht Beutelspacher wurde 1950 in Tübingen geboren. Er studierte Mathematik, Physik und Philosophie. Von 1988 bis 2018 war er Professor für Geometrie und Diskrete Mathematik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Er ist der Gründer und Direktor des Mathematikums in Gießen. Seit 2007 moderiert er auf BR-alpha die Sendung Mathematik zum Anfassen, in der mathematische Alltagsprobleme populärwissenschaftlich behandelt werden. Im November 2014 wurde Beutelspacher mit der „Medaille für naturwissenschaftliche Publizistik“ ausgezeichnet, die von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft an Persönlichkeiten vergeben wird, die sich in besonders hohem Maße für die Verbreitung naturwissenschaftlich-physikalischen Denkens im deutschsprachigen Raum einsetzen. 2016 erhielt er den Hessischen Verdienstorden.

Bereist Anfang 2016 sprach Albrecht Beutelspacher über das Zusammengehen von seinem Glauben mit naturwissenschaftlicher Erkenntnis. Wie auf der Webseite der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau unter der Headline „Glaube und Wissenschaft leben gemeinsam, wie in einer Familie“ zu lesen ist, sieht Beutelspacher grundsätzlich keinen Widerspruch zwischen Glauben und Naturwissenschaft. Problematisch werde die Beziehung zwischen den beiden Disziplinen seiner Ansicht nach nur dann, wenn der Glaube auf seinen Wahrheitsanspruch poche und die Wissenschaft religiöse Erfahrungen leugne. Einen Übergang vom naturwissenschaftlichen Forschen in den Bereich der Meta-Physik erkennt er in der Dimension des Staunens. Dazu sagte er:

„Je mehr ich mich mit Mathematik beschäftige, desto mehr komme ich ins Staunen.“

Je tiefer er in seines Forschung eindringt, desto stärker wird ihm bewusst, „es gibt noch viel mehr, als das, was ich jemals sehen kann.“

Für ihn sind Wissenschaft und Glaube „verschiedene Gebiete, die beide unglaublich spannend sind und einen persönlich weiter bringen“. Eine Verbindung sieht er an dem Punkt, wo ihm sein Glauben den Mut gebe, weiter auf dem Gebiet der Mathematik zu forschen. In diesem Sinne solle seiner Meinung nach das Verhältnis zwischen den beiden Erkenntnisbereichen „ein wohlwollendes, freundschaftliches und wertschätzendes Miteinander sein“. (Quelle: ekhn.de)

Im aktuellen Interview mit dem christlichen Medienmagazin Pro sprach Albrecht Beutelspacher über das faszinierende Thema der Unendlichkeit, „das die Mathematik in gewisser Weise beherrscht“. Während auch die Philosophie und die Theologie von Unendlichkeit sprechen, könne die Mathematik in gewissem Maße „Aussagen über die Unendlichkeit beweisen“, so zum Beispiel die Unendlichkeit von Primzahlen. Diesbezüglich beschreibt der Mathematiker sein Staunen wie folgt:

„Das ist doch erstaunlich, dass wir von der Endlichkeit begrenzte Menschen etwas über die Unendlichkeit aussagen können!“

Und weiter:

„Das ist in meinen Augen etwas, was uns die Mathematik sagt: Es gibt da noch mehr. Du, Mensch, kannst das ein wenig erforschen – und das allein ist bereits großartig –, aber das Ganze kannst du niemals erfassen.“

In diesem Sinne berühre sein Beruf als Mathematiker seine persönliche Religiosität, auch wenn solche Gedankengängen „kein Gottesbeweis“ seien. In diesem Kontext erinnert der 72-Jährige an den großen Mathematiker und Astronom Johannes Kepler (1571-1630), der auch schon solche Gedankengänge mit Gott in Verbindung brachte. So habe Kepler die Feststellung, dass der Kosmos geordnet ist und nach Gesetzten funktioniert, mit Gott als Schöpfer begründet. Weiter erklärt Beutelspacher:

„Indem wir diese Gesetze entdecken, haben wir Menschen die Möglichkeit, den Gedanken Gottes nahe zu sein, wie es Kepler ausdrückte. Viele Mathematiker hatten ein derartiges persönliches Gottesbild.“

Ihn selbst bringe auch das Lesen und Nachdenken in der Bibel weiter. Während er als Kind und Jugendlicher mehr das Alte Testament gelesen habe, beschäftigte er sich später eher mit dem Neuen Testament, insbesondere mit den in ihm enthaltenen Briefen. Wichtig ist dabei für Albrecht Beutelspacher, dass Logik und Glauben zusammengehen, was er wie folgt darlegt:

„Wenn Gott uns Menschen geschaffen hat, dann hat er uns mit einem Verstand erschaffen. Glaube heißt nicht, den Verstand auszuschalten, sondern im Gegenteil.“

Quellen: ekhn.de, wetterauer-zeitung.de, pro-medienmagazin.de

Anbei ein Video, in dem Albrecht Beutelspacher mit Pro über Gott, Primzahlen und die absolute Schönheit spricht: