Gregor Gysi: „Es darf kein Druck herrschen, nicht zum Religionsunterricht zu gehen“
Diese Woche starten mit Baden-Württemberg und Bayern die letzten beiden Bundesländer nach den Sommerferien in das neue Schuljahr 2023/24. Der Bedarf des Erwerbs emotionaler und sozialer Kompetenzen und das damit verbundene hohe Bildungsziel der Herz- und Charakterbildung (siehe Art. 131 BV) werden dabei immer wichtiger. Der Astrophysiker Harald Lesch, der Philosoph Jürgen Habermas und der Linken-Politiker Gregor Gysi betonten in der Vergangenheit in diesem Kontext auch den Wert religiöser Bildung.
Aktuell erklärt die Grünen-Politikerin und amtierende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag Kirsten Kappert-Gonther, dass in der Gesellschaft „der Druck auf die Seelen“ zugenommen habe und es „eine Zunahme an seelischen Krisen“ gebe.
Aus den Reihen der Wirtschaft wird der Ruf nach einer Bildung, die den ganzen Menschen im Blick hat, immer lauter. Bereits 2018 plädierte der chinesische Top-Manager Jack Ma, Gründer und langjähriger Chef der Alibaba Group, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos dafür, die Unterrichtsinhalte dahingehend zu verändern, dass Menschen Fähigkeiten erlernen, die sie von Maschinen unterscheiden. Dabei brachte Jack Ma zum Ausdruck, dass es angesichts der Zeit, in der wir heute leben, von entscheidender Wichtigkeit ist, sich von einem rein wissensbasierten Lernen zu verabschieden und sich verstärkt der Herz- und Charakterbildung zuzuwenden.
Danach gefragt, welche Kompetenzen in Zukunft entscheidend seien, erklärte Jack Ma:
„Werte, Glauben, eigenständiges / unabhängiges Denken, Teamwork und Fürsorge (Nächstenliebe).“
Ein Fach, das den sich heute in Wirtschaft und Gesellschaft stellenden Ansprüchen und Anforderungen dient, ist der schulische Religionsunterricht. Dabei gibt es heutzutage ein Missverhältnis zwischen der Bedeutung dieses Faches und seiner Wertschätzung, wenn Stimmen laut werden, dass es dieses Fach heute nicht mehr brauche und ein allgemeiner Ethikunterricht allein ausreichend sei. Abgesehen davon, dass solche Stimmen die Gewährleistung der Religionsfreiheit, die durch Art. 4 und Art 7 (3) GG grundgesetzlich abgesichert ist, aufweichen, verkennen solche Stimmen auch, dass Menschen mit konkretem Gottesbezug ihr Leben denken und gestalten und mit ihrem Handeln aus Liebe zu Gott die Gesellschaft bereichern. Stimmen, die den Religionsunterricht als nicht zeitgemäß abkanzeln, nehmen nicht ernst, was gläubige Menschen umtreibt und aus welcher Grundhaltung und Motivation sie agieren: Eine Grundhaltung, die auch die Präambel des Grundgesetzes betont.
Religionsunterricht und Ethikunterricht sind zwei verschiedene Fächer, die beide gut und wertvoll sind. Die Wahlmöglichkeit ist von hoher Bedeutung, weil es eben zwei Grundannahmen gibt, aus denen heraus Menschen ihr Leben gestalten. So gibt es Menschen, die ihr Leben mit Gottesbezug denken, und Menschen, die das nicht tun.
Im November 2022 berichtete die Süddeutsche Zeitung: „84 Prozent der Menschen bekennen sich weltweit zu einer Religion, Tendenz steigend.“ (Quelle: sueddeutsche.de)
Auch in unseren Breiten ist das Bekenntnis zum Glauben an Gott längst wieder auf dem aufsteigenden Ast. Dass das Thema Glauben weit mehr verbreitet ist, als es mitunter den Anschein haben mag, zeigt unser Projekt PromisGlauben. Tagtäglich berichten wir von Menschen des öffentlichen Lebens – vom Sportler, Schriftsteller, Wirtschaftsboss, Musiker bis hin zum Wissenschaftler – die mit ihren Statements die öffentliche Relevanz des Gottesbezuges zum Ausdruck bringen und dabei auch zu verstehen geben, wie bedeutend die Ressourcen Gottvertrauen und Nächstenliebe für das Handeln in unserer Gesellschaft sind.
So betonte zum Beispiel der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann am 9. Juni 2023 beim Jubiläumsempfang zum 75-jährigen Bestehen des Diakonischen Werks Bayern den Wert des Handelns aus der Liebe zu Gott heraus. Wie das Bayerische Staatsministerium des Inneren, für Sport und Integration mitteilte, übermittelte Herrmann den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hilfswerks seinen Dank und seine Anerkennung wie folgt:
„Grundlage Ihrer Arbeit ist der Glaube an Jesus Christus. Sie arbeiten solidarisch und barmherzig mit und für Menschen, die Hilfe benötigen. Sie leben Nächstenliebe! Vergelt’s Gott!“
Eine Vielzahl an prominenten Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft legen heutzutage den Wert des Religionsunterrichts für ihr persönliches Leben dar (Mehr dazu gibt es HIER).
Gestern berichteten wir von der Fußballerin Mala Grohs, die das Besondere einer christlichen Schule beschrieb (siehe HIER).
Aber nicht nur gläubige Menschen betonen den hohen Wert religiöser Bildung. Bereits 2001 forderte Jürgen Habermas, Deutschlands bekanntester Philosoph, der sich selbst als „religiös unmusikalisch“ bezeichnet, in seiner berühmten Paulskirchenrede „rettende Übersetzungen“ der jüdisch-christlichen Begrifflichkeit von der Gottebenbildlichkeit des Menschen, um den Menschenwürdebegriff, den Zentralbegriff unserer Gesellschaftsordnung, zu verteidigen. Und er zählt das Christentum zur „Genealogie der Menschenrechte“. (Mehr dazu HIER).
In der Wissenschaftssendung TerraX ging der Astrophysiker und Naturphilosoph Harald Lesch am 16. April 2023 zur besten Sendezeit im ZDF der Frage nach: „Gibt es Gott?“
Dabei kommt er zum Ergebnis, dass Naturwissenschaft und Religion sich nicht ausschließen und nebeneinander existieren können. Lesch betonte hierbei, dass es sich bei der Frage nach Gott um eine Frage der Entscheidung handelt, die Menschen unterschiedlich treffen können. Dabei betonte er:
„Die Gretchenfrage ‚Wie hältst du es mit Gott?‘ oder ‚Wie hältst du es mit der Religion?‘ ist doch für jeden und jede von uns eine Entscheidungsfrage. Wir können uns entscheiden, so zu leben, als ob es Gott gäbe. Oder eben nicht. Aber die Wirkung, die könnte ja gewaltig sein. Wenn ich zum Beispiel an die große Herausforderung denke, die Schöpfung zu bewahren, da ist doch der religiöse Ansatz viel wirkungsvoller als zu sagen ‚Das Ganze ist nur eine zufällige Fluktuation des Quantenvakuums‘.“
Mantrahaft erklärt seit vielen Jahren der Linken-Politiker Gregor Gysi, dass er als nicht-gläubiger Mensch eine gottlose Gesellschaft fürchtet (Mehr dazu siehe HIER).
2018 äußerte sich Gregor Gysi an der Uni Bonn beim „Evangelischen Institut für berufsorientierte Religionspädagogik“ zu seinem persönlichen Blick auf Religion und Religionsunterricht in Deutschland. Dabei erklärte er, wie wichtig das Verständnis von Religionen für die Toleranz und den gegenseitigen Respekt in der Gesellschaft ist. Weiter verwies er auf die grundsätzliche Wahlmöglichkeit zwischen Religionsunterricht und Ethikunterricht, indem er hervorhob:
„Der Religionsunterricht muss absolut freiwillig sein. Es darf weder ein Druck herrschen, nicht zum Religionsunterricht zu gehen, noch darf es eine Atmosphäre geben, dass du dich unmöglich machst, wenn du als Kind nicht zum Religionsunterricht geschickt wirst.“
Vom christlichen Religionsunterricht erwartet er, dass man das Alte und das Neue Testament kennenlernt und einem das erläutert wird und bestimmte Strukturen in den Kirchen erklärt werden. Er selbst habe in der damaligen DDR den Religionsunterricht nicht besucht. Darauf zurückblickend sagte er:
„Heute tut es mir insofern etwas leid, weil ich später Wissen nachholen musste.“
So habe seine Tochter zum Beispiel mehr über den Islam als er selbst gewusst, „einfach weil sie diesbezüglich den Unterricht darüber genossen hat“. Es wäre nicht schlecht gewesen, wenn er in seiner Schulzeit mehr über Religionen erfahren hätte. Weiter berichtete er:
„Das Christentum spielte zwar im Geschichtsunterricht eine gewisse Rolle in der DDR, aber eine viel zu geringe.“
Zur Bedeutung, dass der Religionsunterricht auf freiwilliger Basis an Schulen besucht werden kann, erklärte Gregor Gysi:
„Ich halte Religionsunterricht für wichtig, damit die Menschen und die Kinder, die religiös sind und wo das die Eltern wünschen, Schritt für Schritt die Strukturen begreifen, das Alte Testament verstehen, das Neue Testament verstehen.“
Auch für jüdische und muslimische Kinder müsse es die Möglichkeit zum Besuch ihres Religionsunterrichts geben. Dabei erinnerte Gysi an die positive und negative Religionsfreiheit, die in Schulen gewährleistet sein muss.
Im Juni 2019 betonte Gregor Gysi im Rahmen der Reihe „Begegnungen am Willms“ am Willms-Gymnasium in Delmenhorst die elementare Bedeutung der Bibel für sein Leben, worüber die Nordwest Zeitung berichtete.
Auf die Frage, auf welche drei Dinge er in seinem nicht verzichten könne, habe Gysi nicht lang überlegt und spontan geantwortet:
„Die Bibel. Ich glaube nicht an Gott, aber da stand schon früher alles drin.“
Auch das, was nicht gut ist im menschlichen Leben („der Schweinkram“) sei darin geschildert, so Gysi weiter. Nach der Bibel sei ihm Freundschaft „sehr wichtig“ und „als drittes“ wünsche er sich „eine wunderschöne Natur als Umgebung“.
Im April 2019 hob Gysi im Interview mit dem Tagesspiegel die Bedeutung der Bergpredigt für „allgemein verbindliche Moral“ in unserer Gesellschaft hervor. Dazu sagte er u.a.:
„Unsere Gesellschaft ohne die Bergpredigt, ohne Weihnachten, ohne Ostern, ohne Pfingsten? Nur staatliche Feiertage und bei einem wird erklärt, er sei der Kindergeschenktag – das geht gar nicht.“
In der BR-Sendung „Sonntagsstammtisch“ wiederholte er im Januar 2022 seine Grundüberzeugung mit folgenden Worten:
„Wenn wir nicht die Bergpredigt hätten, hätten wir überhaupt keine allgemeinverbindliche Moral. Das muss man einfach sehen.“
Wenn er auf eine einsame Insel nur ein Buch mitnehmen dürfte, wäre das die Bibel, berichtete Gregor Gysi im Frühjahr 2022 im Interview mit dem Magazin GRANDIOS. Da stehe „alles drin“, begründete der Linken-Politiker. Zur Wirkung der Bergpredigt in seinem Leben teilte Gysi mit:
„Da steht drin, ich soll meine Feinde lieben. Das kann ich nicht. Aber eines konnte ich: Ich habe nicht zurückgehasst, wenn ich gehasst wurde. Das hat mich souveräner gemacht.“
Quellen: sueddeutsche.de, stmi.bayern.de, zdf.de, nwzonline.de, tagesspiegel.de, promisglauben.de, kirche-und-leben.de
Hinweis: Einen Beitrag mit vielen weiteren Statements prominenter Persönlichkeiten zum Religionsunterricht gibt es:
Anbei das beschriebene Statement von Gregor Gysi zum Religionsunterricht aus dem Jahr 2018: