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Harald Lesch geht zur besten Sendezeit im ZDF der Gottesfrage nach

Die Frage nach Gott rückt auch in unseren Breiten so langsam aber sicher wieder mehr ins Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung. Kurz nach Ostern ging BR24 der Frage nach „Glaube und Naturwissenschaft – wie geht das zusammen?“ und berichtete dabei, dass in der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften Gläubige und Atheisten gemeinsam nach Antworten auf die großen Fragen der Zeit suchen. Diesen großen Fragen widmet sich nun auch die zweiteilige Terra-X-Dokureihe mit dem Astrophysiker und Naturphilosophen Harald Lesch. In der beeindruckenden Folge 1, die am 16. April zur besten Sendezeit um 19.30 Uhr im ZDF lief, beschäftigte sich der Gelehrte mit der Frage „Gibt es Gott?“.

Gleich zu Beginn stellt Harald Lesch fest, dass wir in einer Welt leben, „in der für Gott kein Platz mehr“ zu sein scheint und der Mensch selbst zum Schöpfer wurde. Dazu betont der 62-jährige Hochschullehrer mit Blick auf den heutigen Starkult:

„An Seine Stelle sind andere getreten, die wir inzwischen vergöttern.“

Bei der Frage, wofür wir Gott eigentlich noch brauchen, falle jedoch auf, dass Religion und Spiritualität auch heute noch „ziemlich populär“ seien [Anmerkung: Erst kürzlich berichtete die Süddeutsche Zeitung, dass sich weltweit 84 Prozent der Menschen zu einer Religion bekennen, Tendenz steigend]. Diesbezüglich stellt Lesch fest:

„Die Sehnsucht nach einer höheren Macht scheint uns nicht loszulassen. Wer hat nicht im Angesicht von Leid und Trauer schon mal gebetet: ‚Lieber Gott im Himmel steh mir bei‘.“

In seiner Rolle als Astrophysiker werde er hin und wieder gefragt, ob er zur Möglichkeit der Existenz Gottes etwas sagen könne. Nüchtern verweist Lesch auf die Grenzen naturwissenschaftlicher Erkenntnis bei dieser Frage, wenn er erklärt, woher er als Astronom das denn wissen solle. Die Frage nach Gott sei aber eine Frage, die die Menschheit bereits seit ihren Anfängen beschäftigt. Zu deren Bedeutung betont Lesch:

„Vielleicht ist sie die größte Frage der Menschheit überhaupt.“

 

Aus naturwissenschaftlicher Perspektive könne der Blick ins Weltall durchaus „religiöse Schauer“ verursachen, wenn dem Menschen dabei die „gigantische Dimension“ von 100 Milliarden Galaxien klar wird, unter denen sich unsere „kosmische Heimat“ die Milchstraße befindet mit unserem blauen Planeten, der deshalb so einzigartig ist, weil er nach heutigem Wissensstand der einzige Planet mit Bedingungen für Leben ist. Auf die Ordnung des Universums blickend sagt Lesch:

„Mich wundert es überhaupt nicht, wenn Menschen sich fragen: Kann das alles zufällig entstanden sein?“

Aufgrund der Tatsache, dass das Universum „so fein aufeinander abgestimmt ist“, glaubten viele Theologen und manche Physiker, „dass das kein Zufall sein kann“, sondern dass ein Plan eines „kosmischen Schöpfers“ dahinterstecke. Lesch bemerkt selbst an, dass man die Feinabstimmung des Universums als ein Indiz für die Existenz Gottes sehen könnte, derart, dass Gott „das Universum so geschaffen [hat], damit wir darin existieren können“. Natürlich könne man es aber auch anders sehen, fügte der Astrophysiker zugleich an.

Anschließend regt die Doku das Staunen über die kleinen und großen Wunder der Welt an, so etwa den Zusammenschluss von Ameisen zu „lebenden Flößen“ bei Flut. Ganze sieben Minute widmet sich die Doku einem Wunderereignis, das im französischen Wallfahrtsort Lourdes stattgefunden hat und medizinisch nicht erklärbar ist. Dabei schildert Lesch auch die Hintergründe der Marienerscheinungen in Lourdes.

Ihren Höhepunkt erreicht die Doku, als Lesch der Frage nachgeht, ob das menschliche Gehirn „eine natürliche Veranlagung für den Gottesglauben“ beinhalte oder ob alles nur ein Hirngespinst sei, und sich der Astrophysiker dafür höchstselbst in die Röhre eines MRT begibt, um darin zu meditieren. In einer Region die Hirnforscher als „spiritualitätsempfindungsmodulierende Region“ erforscht haben, ist dann im Nachgang ersichtlich, dass genau hier das Hirn des Astrophysikers beim Meditieren im MRT besonders aktiv war. An dieser Stelle der Doku lässt Harald Lesch bereits durchblicken, wohin er persönlich bei der Frage nach Gott hin tendieren könnte, wenn er berichtet, dass er im Meditieren „etwas Übung“ habe und er die Hirnregion, die beim Beten aktiv ist, als „Zentrum meines Glaubens“ benennt. Der Neurologe Prof. Peter zu Eulenberg stellt dazu fest: „Ohne Hirn kein Gott.“

Als der Neurologe auf Nachfrage erklärt, dass der Bereich des Gehirns, der religiöse Erfahrungen verarbeitet, eine „uralte Region“ des Gehirns ist, „die sicher schon in Säugetieren und Primaten vor uns bestanden hat“, schlussfolgert Lesch:

„Man könnte also auch sagen: Unser Hirn ist von Anfang an auf Gott geeicht.“

Auf jeden Fall beschäftige sich der Mensch mit religiösen Fragen seit er Kultur betreibt. Dafür gebe es Belege in Form von Bildnissen in Höhlen, die mehrere 10.000 Jahre alt sind und bis zur letzten Eiszeit reichen. Dazu betont Lesch:

„Die Fähigkeit zu glauben, ist also seit Urzeiten in uns angelegt.“

Der archäologische Fundort Göbekli Tepe zeigt, dass bereits vor mehr als 11.000 Jahren die Menschen dort einen spirituellen Ort errichteten, um den sie sich als „Jäger und Sammler“ ansiedelten, womit sozusagen „die Kirche im Dorf geboren war“. Der Glaube könnte der Motor für die Errichtung von Siedlungen gewesen und somit zum „Kitt einer Hochkultur“ sowie zum „Vorteil einer Gemeinschaft“ geworden sein, was die Geschichte wiederum zu bestätigen scheint. So spiele in allen komplexen Gesellschaften der Glaube eine zentrale Rolle. Dabei betont Lesch das Handeln aus der Liebe zu Gott, das in den unterschiedlichsten Kulturen sichtbar wird und diese prägt. Weiter schildert er:

„Spiritualität erzeugt Gemeinschaft, sorgt für Stabilität und Kontinuität.“

Der Glaube durchdringe seit jeher alle Lebensbereiche. Überdies betont Lesch mit Blick auf die geschichtliche Entwicklung:

„Vor allem gibt der Glaube Halt und Hoffnung und eine moralische Richtschnur von der Wiege bis zur Bahre.“

Darüber, dass sich in unserem Kulturkreis der Glaube an einen gütigen Gott, einen Gott der Liebe durchgesetzt hat, zeigt sich Harald Lesch spürbar berührt. An einen gütigen Gott auch angesichts des Leids in der Welt zu glauben, scheint ihm plausibel, was er mit dem Bild vom Menschen als Geschöpf mit freiem Willen und der Gesetzmäßigkeit der Natur erklärt.

Abschließend geht der Astrophysiker auf die sog. Gottesbeweise ein, die ihren Ursprung im 11. Jahrhundert bei Anselm von Canterbury fanden und mit der Menschen versuchten, sich mit Vernunft und Logik der Gottesfrage zu nähern. In der Reflexion der berühmten Pascalschen Wette des im 17. Jahrhundert lebenden Mathematikers und Rationalisten Blaise Pascal resümiert Lesch:

„Eine ziemlich clevere Berechnung des großen Logikers Pascal. Er kommt zu dem Schluss, dass, wenn wir schlau sind, wir natürlich an Gott glauben.“

Lesch fügt an, dass die Pascalsche Wette natürlich ebenso wenig ein Beweis sei wie der jüngste Gottesbeweis aus dem Jahr 2013. In diesem Jahr befand der Informatiker Christoph Benzmüller mit Hilfe eines Computerprogramms das komplizierte Formelgebilde des legendären Mathematikers Kurt Gödel (1906 – 1978) für gültig, mit dem Gödel einst beschrieb, das ein Wesen existiert, das alle positiven Eigenschaften in sich vereint. Am Ende seiner Beweisführung stellte Gödel fest, dass die Aussage „Gott existiert“ nach logischen Gesichtspunkten nicht nur möglich, sondern auch notwendig und deshalb wahr ist. Benzmülllers Computerprogramm stellte im Jahr 2013 fest, dass Gödels Beweisführung widerspruchsfrei ist. Die reale Existenz Gottes ist damit aber nicht bewiesen.

Mit Blick auf einen möglichen Beweis der realen Existenz Gottes erklärt Harald Lesch:

„Die Naturwissenschaft kann Gott nicht beweisen, denn sie betrachtet die Welt der Naturgesetze. Aber für Gott gelten diese Gesetze nicht. Gott ist per Definition nicht von dieser Welt.“

Dazu betont er weiter:

„Glaube und Wissenschaft sind genau deshalb kein Widerspruch. Sie können nebeneinander existieren.“

Dass dies so ist, erklärt Lesch auch damit, dass die größten Wissenschaftler dieser Welt wie etwa Isaac Newton, Max Planck und Albert Einstein sich zu ihrem Glauben bekannten.

Abschließend kommt der Astrophysiker und Naturphilosoph zum Schluss, dass die Frage nach Gott für jeden Menschen „eine Entscheidungsfrage“ ist und bleibt. Der Mensch könne sich entscheiden, so zu leben, als ob es Gott gäbe oder nicht. Religiöse Erfahrungen wie etwa die, welche die im Laufe der Doku gezeigten buddhistischen Mönche machen, sind mit der entsprechenden Grundannahme möglich. Die Wirkung aus der Grundannahme, dass es Gott gibt, zu leben, „könnte ja gewaltig sein“, resümierte Lesch und nahm dabei Bezug auf folgendes Beispiel:

„Wenn ich an die große Herausforderung denke, die Schöpfung zu bewahren, da ist doch der religiöse Ansatz viel wirkungsvoller als zu sagen: Das Ganze ist nur eine zufällige Fluktuation des Quantenvakuums.“

So wie dieser inspirierende Abschluss führt die gesamte Doku den Betrachter in spannenden 45 Minuten immer wieder ins Staunen. Bei den verschiedenen Bausteinen der Doku führt die Beschäftigung mit dem „Wie“ unmittelbar zur Frage nach dem „Woher“ und dem „Warum“, was den Betrachter in Freiheit erkennen lässt, wohin er grundsätzlich tendiert: Zufall oder Gott. Zudem wird dem zum Gottglauben tendierenden Zuschauer ersichtlich, warum Menschen ins Zweifeln kommen können. Den nichtgläubigen Betrachter wird hingegen plausibel, warum Menschen glauben können. Eine beeindruckende Doku!

Anbei die beschriebene TerraX-Doku „Gibt es Gott?“ zum Nachsehen:

 

Am Ende der beschriebenen TerraX-Doku erklärt Harald Lesch, dass für ihn die Frage nach der Existenz Gottes „ohnehin klar“ sei. Im Interview mit uns sprach Harald Lesch im Sommer 2022 über den Zusammenhang von Glauben und Naturwissenschaft sowie über seinen persönlichen Glauben: