Herbert Blomstedt: „Glaube und Musik entstammen für mich aus denselben Quellen“
Der schwedische Dirigent Herbert Blomstedt ist mit 97 Jahren der dienstälteste Dirigent der Welt. Am 6. und 7. Dezember 2024 dirigierte er im 1.400 Zuschauer fassenden Keilberth-Saal der Konzerthalle Bamberg in zwei ausverkauften Konzerten die Bamberger Symphoniker. Im Interview mit dem Fränkischen Tag sprach der 97-Jährige über seine Konzerte mit den Bamberger Symphonikern und kam dabei auch auf seinen Glauben an Gott zu sprechen.
Zu seinem Gastspiel am 10. und 11. Januar 2025 beim BR-Symphonieorchester sprach Blomstedt im Interview mit dem Münchner Merkur über die auf dem Programm stehenden „Psalmen-Symphonie“ von Igor Strawinsky (1882-1971) und die „Lobgesang-Symphonie“ von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847). Dabei erklärte der 97-jährige Dirigent, warum er „aus Prinzip Optimist“ ist.
Bereits in der Vergangenheit sprach Herbert Blomstedt über seinen Glauben an Gott, der für ihn „die einzige Erklärung unserer Existenz“ darstellt (wir berichteten).
Im Interview mit dem Fränkischen Tag wurde Blomstedt darauf angesprochen, dass er am 13. Juli 2025 im Bamberger Dom Bruckners neunte Symphonie dirigieren wird und Anton Bruckner (1824-1896) diese, seine letzte Symphonie Gott gewidmet hat. Danach gefragt, ob er mit dieser Widmung etwas anfangen könne, erklärte der vielfach ausgezeichnete Dirigent, dass er „nichts Anmaßendes in dieser Widmung“ erkennen könne, zumal Bruckner „ein sehr bescheidener und demütiger Mensch“ gewesen sei und er seine Widmung damit verbunden habe, dass Gott diese Widmung erst einmal annehmen müsse.
Für Blomstedt persönlich besteht zwischen Gottesehrfurcht und Musik ein Zusammenhang, den er wie folgt darlegt:
„Glaube und Musik entstammen für mich aus denselben Quellen. Jede Musik, die den höchsten Ansprüchen genügt, führt mich zu Gott.“
Er würde sogar so weit gehen, davon auszugehen, „dass der Komponist eines solchen Werkes eine Ableitung Gottes sein kann“, fügte der lebenserfahrene Musiker an.
Auf die anschließende Anmerkung, dass seine Aussage heutzutage für viele Menschen exotisch klingen würde, erklärt Blomstedt, dass er sich bewusst sei, dass viele Menschen die Verbindung zu Gott „in ihrem Leben abgeschaltet“ hätten. Dieser Entscheidung schloss er sich jedoch selbst nicht an. Dazu sagte Blomstedt gegenüber dem Fränkischen Tag:
„Ich dagegen bin ein sehr gläubiger Mensch. Der Glaube ist seit meiner Kindheit etwas ganz Natürliches.“
Er sei seinen Eltern „sehr dankbar“, dass sie ihm das Angebot des Glaubens ermöglicht haben. Der Glaube, den er von seinen Eltern vermittelt bekam, sei „kein billiger Glaube“ gewesen, sondern „ein Glaube, der sich als Steigerung des Bewusstseins verstand“, so Blomstedt.
Seine auf seinem Glauben basierende, grundlegende Lebenseinstellung wird ersichtlich, als er auf die Frage, warum er keinen Alkohol trinke, antwortet:
„Ich bemühe mich, vernünftig zu leben, aber mit viel Freude.“
Im Gespräch mit dem Münchner Merkur zu seinem Gastspiel am 10. und 11. Januar 2025 beim BR-Symphonieorchester sprach Herbert Blomstedt auch über die besondere Wirkung der Passionen von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Der schwedische Dirigent schilderte, dass Bach damals sehr dafür kritisiert wurde, dass er im Schluss-Choral der Johannes-Passion am Karfreitag bereits Ostern und die Auferstehung vorweggenommen habe. Diese Interpretation sei seiner Ansicht nach aber „überwältigend“, was Blomstedt wie folgt begründet:
„Es war aber Bachs Botschaft gerade an diesem Tag: Trotz Tod gibt es Hoffnung.“
Zu seinem Charakter erklärte der 97-Jährige, dass er „aus Prinzip Optimist“ sei, auch wenn die aktuelle weltpolitische Situation Anlass zum Pessimismus geben würde. Seine optimistische Grundausrichtung begründet Herbert Blomstedt wie folgt:
„Ich habe neulich einen Brief des Theologen Karl Barth gelesen. Er schrieb, dass über die Welt nicht in Washington oder Moskau entschieden werde, sondern weiter oben.“
Und weiter:
„Dass alles gut wird, darüber können wir nicht mit unseren Kräften allein entscheiden. Ich kann nur mit Blick auf mein Leben sagen: Optimismus hat sich immer gelohnt.“
Blomstedt erklärte beispielhaft mit Rückblick auf sein Leben, dass erlebte Enttäuschungen, ihn im Laufe der Zeit stärkten und sich später in eine dankbare Betrachtung veränderten. Dazu betonte er:
„Wenn man verzweifelt ist, sollte man nie zu kurzfristig denken.“
Zu seinen Plänen für seinen 100. Geburtstag ließ der schwedische Dirigent wissen, dass er sich vorstellen könnte, das Deutsche Requiem von Brahms, das für ihn „ein Trost-, kein Angstspender“ sei, oder die Missa Solemnis von Beethoven oder Mahlers neunte Symphonie zu dirigieren.
Quellen: fränkischer-tag.de, promisglauben.de, merkur.de