Oleksandr Sintschenko: „Danke Gott, dass dieses Spiel passiert ist“
Am 5. Juni verpasste die Ukraine im Finale der WM-Qualifikation mit einer 0:1 Niederlage gegen Wales ganz knapp die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Katar. Zuvor feierten die ukrainische Fußball-Nationalmannschaft einen fulminanten 3:1 Sieg im Playoff-Spiel gegen Schottland. In beiden Spielen war der Fußball nebensächlich. Vielmehr ging es darum, ein Zeichen der Hoffnung, des Mutes und des Zusammenhalts in die Ukraine und in die Welt zu senden. Ihren Dank für diese Möglichkeit richteten u.a. Mittelfeld-Star Andrij Jarmolenko, der in der Saison 2017/18 für Borussia Dortmund spielte, und Mittelfeldspieler Oleksandr Sintschenko, der bei Man City unter Vertrag steht, an Gott.
Das Playoff-Spiel am 1. Juni gegen Schottland zur WM in Katar war für die ukrainische Nationalmannschaft angesichts des Krieges viel mehr als nur ein Fußballspiel. Am Ende des Spiels waren sichtlich bewegte Spieler zu sehen, die den 3:1-Sieg über Schottland in Glasgow kaum fassen konnten. Die Tore des Teams in den gelben Trikots wurde gemeinsam mit den Zuschauern überschwänglich gefeiert. Der ukrainische Nationaltrainer sagte:
„Dieser Sieg ist nicht für mich, nicht für unsere Spieler, sondern für unser Land.“
Die Botschaft auf den Rängen war klar. Mit Ukraine-Fahnen mit durchgestrichenen Waffen wurde die internationale Bühne genutzt, um den Appell, den Krieg in der Ukraine zu stoppen, in die Welt hinaus zu senden.
Der Mannschaft war anzusehen, welcher Druck auf ihren Schultern lastete, um ihrem leidgeplagten Land eine Freude in dieser furchtbaren Zeit zu ermöglichen. Fast alle Spieler haben Familie, Freunde oder zumindest Bekannte, die dieser Tage konkreter Gefahr ausgesetzt sind. Die Tränen, die Manchester Citys Oleksandr Sintschenko auf der Pressekonferenz am Vortag des Spiels vergoss, verdeutlichten die Verantwortung, die das Team spürte. Der 25-Jährige erklärte u.a.:
„Jeder Ukrainer möchte eine Sache: Diesen Krieg stoppen. Ich habe mit Leuten auf der ganzen Welt gesprochen, aus verschiedensten Ländern und auch mit einigen ukrainischen Kindern, die einfach nicht verstehen, was zu Hause in der Ukraine passiert. Sie haben nur einen Traum: Den Krieg zu stoppen.“
Die Mannschaft lieferte ein überragendes Spiel gegen Schottland ab. Andrij Jarmolenko erzielte das richtungsweisende 1:0 und ging nach seinem Torerfolg auf die Knie und brachte dabei seinen Dank zum Ausdruck.
Man-City-Star Oleksandr Sintschenko erklärte nach dem Spiel:
„Wir haben versucht, unser bestes Spiel zu zeigen, um große Emotionen und positive Gefühle an alle ukrainischen Fans, die zugeschaut haben, zu senden.“
Dazu betonte er:
„Danke Gott, dass dieses Spiel passiert ist.“
Nationaltrainer Oleksandr Petrakow widmete den 3:1 Sieg über Schottland „jenen, die in den Schützengräben bis zum letzten Tropfen Blut kämpfen“. Die Bedeutung dieser Worte zu unterstreichen, sagte der 64-Jährige weiter:
„Gott möge verhindern, dass so eine Tragödie einmal irgendwen von Ihnen betrifft.“
Mit unterschiedlicher Akzentsetzung brachten Andrij Jarmolenko, Oleksandr Sintschenko und Oleksandr Petrakow das, was sie bewegt, mit Blick auf Gott zum Ausdruck.
Dass die Rückbindung zu Gott in Erfahrung extremer Begrenztheit Menschen hilft, mit der sich stellenden Situation umzugehen, erklärte aktuell Pavlo Honcharuk, ehemaliger Militärseelsorger und derzeitiger Bischof von der weitgehend von russischen Truppen besetzten Region Charkiw-Saporischschja, im Interview mit Radio Vatikan. Dabei berichtete er von materieller Not und einem immensen Bedarf an Trost. Wer glaube, habe es im letzten Punkt leichter, so Honcharuk.
Der Bischof von Charkiw-Saporischschja erklärte, dass sich im Krieg mit seinen Grausamkeiten und seinem Unrecht sich viele Fragen stellen, auch Fragen an Gott wie Warum? Wessen Schuld ist das? Wo ist Gott?
Dabei hätten es gläubige Menschen leichter, was Pavlo Honcharuk gegenüber Radio Vatikan wie folgt darlegt:
„Aus meiner Erfahrung im Gespräch mit Menschen kann ich sagen, dass, wenn ein Mensch fest an Gott glaubt und eine Beziehung zu ihm hat, dann versteht er, wo die Ursache der Schuld liegt: Es ist die Sünde, und der Mensch lässt durch die Sünde zu, dass die Macht der Finsternis Zutritt erhält. Wenn wir Böses tun, erlauben wir dem Teufel, zu kommen und unser Leben zu nehmen. Der Glaube an Gott bietet eine solide Grundlage, die hilft, die schwere Last der Ungerechtigkeit zu tragen und nicht nur im Krieg, sondern im Leben allgemein zu überleben. Und was wir hier zusammen mit den Priestern bezeugen können: Der Glaube an Gott, die Gegenwart Gottes, wo sie sehr, sehr notwendig ist, gibt Kraft, jedem Schlag zu widerstehen. Denn wir können nicht alles erklären, und selbst eine Erklärung macht die Last nicht kleiner. Aber wenn Gott meinem Herzen Kraft gibt, dann kann ich diese Last tragen.“
Quellen: welt.de, stern.de, vaticannews.va