Pfarrer Kreitmeir: „Die Mischung aus Gotteslob und Liebesliedern kommt an“

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Jesus plädiert für Gottes- Nächsten- und Selbstliebe als Grundformel für ein erfülltes Leben. In seiner Auslegung dieser Worte Jesu aus dem heutigen Sonntagsevangelium (Mk 12,28-34) betont unser geistlicher Begleiter Christoph Kreitmeir das Verschmelzen von Gottesliebe und Menschenliebe in vielen erfolgreichen Pop-Songs, die nicht zufällig weit oben in den Charts landen, weil sie die Sehnsucht zum Ausdruck bringen, die Jesus so genial in seiner „Lebensformel“ pointiert.

Hier die Worte seiner Predigt

‚Höre, Israel!‘ – so hörten wir in der heutigen Lesung (Dtn 6,2-6). Dieses ‚Schma Jisrael‘ ist der älteste Ausdruck jüdischen Selbstverständnisses und beinhaltet die Einheit und Einzigkeit Gottes sowie mehrere zentrale Gebote des Judentums. Das „Sch“ vom „Schma Jisrael“ hängt auch als Buchstabe an der Eingangstür zu der Wohnung eines gläubigen Juden – bis heute…

„Höre, Israel!“ – Der Glaube kommt vom Hören …

Geht es Ihnen manchmal als religiös-spiritueller Mensch auch so, dass Sie im Radio ein Liebeslied hören und sich dabei denken: Wen besingt er oder sie da? Die Liebe zu einem Menschen oder die Liebe zu Gott?
Kennen Sie so etwas? Ich schon.

Wenn man diesem Gedanken nachgeht, dann findet man im Internet sehr viele Popgruppen, die Lieder mit offenem oder versteckten religiösem Inhalt erfolgreich promoten. Englischsprachige mehr als deutschsprachige, aber auch hier gibt es Künstler, wie z.B. Xavier Naidoo, die ganz bewusst und offen religiös sind:

„Ich sing Lobeslieder auf den Herrn
Und ich schreib sie nieder für nah und fern
Ich sing Lobeslieder auf den Herrn
Streitet, ob des für und wider, ich tu es gern“

So beginnt Xavier Naidoos Song „Alles für den Herrn“. Wohlgemerkt: Xavier Naidoo hat es geschafft. Er ist einer der bekanntesten Popstars in Deutschland. Und er ist nicht allein mit seinen tiefsinnigen Lyrics, in denen es um Beziehungen zu Gott und Menschen geht.

Die Mischung aus Gotteslob und Liebesliedern kommt an.

Viele Menschen sind von der Hektik unserer westlichen Gesellschaft, von ihren im Überfluss vorhandenen (und überflüssigen) Angeboten zum Kaufen, Machen und Aufbessern des Lifestyle gesättigt und gelangweilt, weil sie tief in sich spüren, dass all der materielle Wohlstand nicht in der Lage ist, ihr Herz zu füllen, ihre Seele wirklich zu speisen.

In einem Lied der Band Silbermond heißt es z.B.:

„Ja, ich atme dich – ja, ich brenn für dich – ja, ich liebe dich!“

Da haben wir es wieder: Religiöse Sprache in einem Liebeslied begegnet uns immer wieder. Dieses Verschmelzen von Gottesliebe und Menschenliebe ist ja auch der Inhalt des heutigen Evangeliums und das ist kein Zufall.

Liebe will besungen werden, Liebe zu Gott UND Liebe zu einem Menschen.

Jesus besingt gleichsam heute die LIEBE als das Grundgebot eines gläubigen Juden und bezieht sich dabei eindeutig auf die Stelle, die wir in der Lesung aus dem Buch Deuteronomium gehört haben: „Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft.“ Jesus fasst das alles pointiert zusammen in diese genialen Worte, die mittlerweile wohl fast jeder Mensch auf der Welt kennt. Sie sind die Grundformel eines gelingenden Lebens:

„Liebe Gott aus ganzem Herzen, mit ganzer Seele und all deiner Kraft und deinen Nächsten wie dich selbst.“

Gottesliebe – Nächstenliebe – Selbstliebe.

Liebe beinhaltet Wertschätzung und Achtung seiner selbst, des anderen und vor allem von Gott. Liebe ist schöpferisch, phantasievoll und aufbauend.

Liebende Menschen fühlen sich von Gott getragen – sie können dadurch auch Vieles, auch Schweres ganz anders tragen und ertragen.

Nur ein Mensch, der sich selbst geliebt fühlt und selbst liebt, ist wirklich lebendig. Wie traurig und vom Leben abgeschnitten ist ein Mensch, der aus irgendeinem Grund nicht (mehr) lieben kann?

„Du wärmst mich auf, mit deinem Wesen
Und lässt nicht einen Zentimeter unverschont
Du flutest alle meine Decks mit Hoffnung
Auf ein echtes Leben, vor dem Tod
Und ja ich atme dich
Ja ich brenn‘ für dich
Und ja ich leb‘ für dich,
Jeden Tag
Und ja du spiegelst mich
Und ja ich schwör‘ auf dich und jede meiner Fasern
Sagt ja.“  (Silbermond, Ja)

Manchmal ist es wirklich nicht mehr zu unterscheiden, ob jemand über seine Liebe zu einem geliebten Menschen oder zu Gott singt – und das ist gut so, denn „böse Menschen haben keine Lieder, wo man singt, da lass dich nieder“ (Johann Gottfried Seume).

Amen.