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TV-Arzt Johannes Wimmer: „Trauer ist Werkzeug, um aus Schmerz wieder etwas Schönes zu machen“

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Der Mediziner und Fernsehmoderator Dr. Johannes Wimmer, der im TV oder auf YouTube Krankheiten und Therapien anschaulich und unterhaltsam erklärt, verlor Ende letzten Jahres seine neun Monate alte Tochter Maximilia durch einen Hirntumor. Über den Umgang mit diesem existenziellen Ereignis hat der Mediziner ein Buch geschrieben, das am 1. September im Gräfe und Unzer Verlag erschien. In „Wenn die Faust des Universums zuschlägt“  beschreibt der 38-Jährige seinen Trauerprozess und lässt den Leser daran teilhaben, wie er gemeinsam mit seiner Frau Clara die Krankheit und den Tod der gemeinsamen Tochter Maxi, die 2020 geboren und nur neun Monate alt wurde, erlebt und durchgestanden hat. Am Freitagabend (3. September) war der TV-Arzt Gast in der NDR-Talkshow. Im Gespräch mit dem Moderator Hubertus Meyer-Burckhardt berichtete Johannes Wimmer auch, wie ihm sein Glaube im Umgang mit dem Tod seines Kindes half.

Im Buch „Wenn die Faust des Universums zuschlägt“  erzählt Dr. Wimmer schonungslos ehrlich, wie er diese herausfordernde Zeit erlebt und wie er dem Gefühl der Hilfslosigkeit und Ohnmacht trotzt.

Bereits bald nach der Geburt merkt das Paar, dass mit dem Baby etwas nicht stimmt, worauf eine Ärzte-Odysee und der Wettlauf mit dem Schicksal beginnen. Bei dem Baby wird ein Hirn-Tumor gefunden  Die Medien nehmen am Schicksal des TV-Arztes teil. Nach mehreren Operation stirbt Wimmers Tochter.

Im Buch lässt der 38-Jährige anklingen, dass es ihn nachdenklich machte, als Mediziner zu erleben, wie die Spitzenmedizin an ihre Grenzen gerät. Dazu betont er:

„Sobald die sogenannte Spitzenmedizin am Ende der Möglichkeiten angelangt ist, sind alle Menschen gleich.“

Es ist nicht das erste Mal, dass Johannes Wimmer mit dem Tod eines geliebten Menschen in seinem Leben konfrontiert wird. Sein Vater verstarb kurz vor seinem 5. Geburtstag. In der NDR-Talkshow, die am Freitagabend (3.9.) ausgestrahlt wurde, erklärte Wimmer:

„Ich habe als Kind meinen Vater verloren und als Vater mein Kind.“

Bei der Trauerbewältigung über den Tod seiner Tochter habe ihm auch geholfen, dass seine Frau und er in dieser Zeit ein zweites Kind erwarteten. Ihm und seiner Frau sei bewusst geworden, dass sie die Zeit der Schwangerschaft „nutzen wollen, um ganz viel zu verarbeiten und für uns zu bereinigen, damit dieses Kind nicht eine Last tragen muss, die es nicht tragen sollte und auch nicht tragen darf“. Weiter sagte er im Gespräch mit Hubertus Meyer-Burckhardt:

„Die Zeit, die einem die Natur da gibt, tut unglaublich gut.“

Zu wissen, dass sie ein Zielpunkt haben, an dem sie „gewisse Dinge“ verarbeitet haben wollen, sei heilsam gewesen.

In der Zeit als sein Vater starb, sei über den Umgang mit Trauer wenig gesprochen worden, was ihn sehr lange belastet habe. Durch diese Erfahrung sei ihm klar geworden: „Das [die Trauer] erdrückt einen nicht nochmal so, weil es das auch nicht muss.“

Dazu, dass Freude und Leid im Leben zusammengehören, erklärte Johannes Wimmer, dass es wichtig ist, dass aus dem Schmerz nicht „ewiges Leid“ wird. Weiter betonte er:

„Die Trauer ist doch auch das Werkzeug und der Werkzeugkoffer, um aus dem Schmerz wieder etwas Schönes zu machen.“

So freue er sich auf den Tag, an dem er und seine Frau mit ihrem Kind auf den Friedhof gehen werden, um das Grab der verstorbenen Schwester zu besuchen. Dazu erklärte er:

„Da hinzugehen und zu merken, wie das Leben sich vereint, finde ich mittlerweile schön.“

Aus seinem Schmerz sei mittlerweile eine „warme Wehmut geworden, die auch schön ist“. Dies erfahre er mittlerweile auch wieder beim Betrachten von Bildern seiner verstorbenen Tochter.

Vor dem Tod ließen er und seine Frau ihre Tochter Maxi noch taufen. Diesbezüglich wollte Moderator Hubertus Meyer-Burckhardt wissen, ob er  unter dem Eindruck dieser Tragödie religiöser oder frommer geworden sei. Darauf antwortete Johannes Wimmer, dass er katholisch ist, was in Hamburg nicht selbstverständlich sei. Weiter erklärte er:

„Für mich ist ein Leben mehr als etwas, das auf einer Urkunde im Amt steht.“

Dabei gab er wie folgt Einblick in sein Gottesbild:

„Ich glaube nicht an Gott als den Mann mit dem Rauschebart, sondern an das, was zwischen uns Menschen stattfindet.“

Dass Menschen zusammentreffen, die das gleiche Schicksal teilen und dabei sofort eine Verbundenheit spüren, sei mehr als „zwei Säugetiere aus Knochen, Fleisch und Blut“. Diesbezüglich beschrieb er:

„In der Kirche nennt man das den Heiligen Geist, der im Raum ist, andere nennen das Licht und Energie. Ich finde das faszinierend und für mich ist das auch Glaube.“

Der Akt der Taufe sei ihm und seiner Frau wichtig gewesen, um auszudrücken:

„Dieses Kind hat nicht nur einen amtlichen Namen, sondern es gibt auch vor den Menschen, vor uns in der Gruppe eine Feier, eine Zeremonie.“

Dieser Akt der Nottaufe sei am Ende dann auch wieder schön gewesen, obgleich auch „viel Ungewissheit da war“. Dass er Zeit hatte, um sich von seiner Tochter zu verabschieden und sie dann auch gehen lassen zu können, beschreibt Johannes Wimmer als sehr wertvoll.

Nachdem die Entscheidung getroffen war, medizinisch nicht mehr weiterzumachen, empfand er es als Geschenk, die Zeit zuhause verbringen zu dürfen. Jeden Tag einen schönen Moment gestalten zu dürfen, und wenn es nur ein kleines Bad war, sei „unglaublich wertvoll“ gewesen. Im Anschluss war ihm und seiner Frau wichtig, sich mit einer Trauerfeier schön zu verabschieden, was „unglaublich“ geholfen habe. Dabei haben sie ihr Kind zuhause aufgebahrt, so dass sich jeder nochmal zu ihm setzten und sich verabschieden konnte. Dazu betonte Johannes Wimmer:

„Das ist so wichtig, das nicht alleine zu tragen, sondern in der Gemeinschaft.“

Sichtlich berührt und ergriffen gab Hubertus Meyer-Burckhardt daraufhin selbst ein Bekenntnis zum Glauben ab. Dazu sagte er an Johannes Wimmer gerichtet: „Du sagst du bist katholisch und glaubst an Gott, ich tu das auch, lange nicht, aber mittlerweile tu ich es wieder.“ (Anmerkung: Mehr zum Glauben von Hubertus Meyer-Burckhardt gibt’s HIER)

Im Zuge dessen wollte der Moderator vom TV-Arzt wissen, ob er durch die vielen Herausforderungen und Tragödien seines Lebens ein anderes Verhältnis zum Tod bzw. zum Leben bekommen habe. Diesbezüglich berichtete Wimmer, dass er mit seiner Frau Clara heute sehr bewusst Dinge vorbereite sowie Entscheidungen treffe und sich nicht nur vom Schicksal dahinzerren und in der Strömung mitreißen lasse. Dazu sagte er weiter:

„Der Blick aufs Leben ist bei mir sicherlich genauer (…). Das ungeschminkte Leben fasziniert mich. Jetzt habe ich ein bisschen mehr abbekommen als mir lieb ist. Aber ich nehme das an. Das ist das Leben.“

Im Lauf des Interviews betonte Johannes Wimmer, dass er sein Buch nicht geschrieben habe, um Dinge zu verarbeiten, sondern um Erfahrenes zu teilen und den Menschen zu danken, durch die er Zuspruch und Offenheit erfahren durfte. Dabei hob er hervor, wie guttuend es ist, Hilfe zu erfahren und Leid teilen zu können. In diesem Zusammenhang erklärte er:

„Zuneigung und Wärme aus dem Umfeld zu erfahren ist etwas ganz besonderes, aber von fremden Menschen das ist zauberhaft.“

Diese Zuneigung und Wärme vermittelte Wimmer selbst bei seinem Auftritt in der NDR-Talkshow, was in den sichtlich berührten Gesichtern der anderen Talkgäste und der Moderatoren zu sehen war. Auch bei der Lektüre seines Buches überträgt sich auf den Leser eine Kraft, die zuversichtlich macht, auch eigene Schicksalsschläge zu meistern und danach sich auch wieder an den schönen Aspekten des Lebens zu erfreuen. Ganz in diesem Sinne teilte Johannes Wimmer zu Beginn seines Auftritts bei der NDR-Talkshow zur Geburt seines zweiten Kindes mit:

„Die Freude über das gesunde Kind ist deutlicher lauter als alles andere.“

In einem Post auf seinem Instagram-Account schrieb Johannes Wimmer zur Geburt seines zweiten Kindes:

„Wir umarmen das Leben und stellen uns vor, dass sich die Seelen von Maximilia und ihrer kleinen Schwester irgendwo auf dem Weg begegnet sind.“

Quellen: ndr.de, mopo.de, rtl.de, gu.de, instagram.com

Das tief berührende Gespräch von Dr. Johannes Wimmer mit Moderator Hubertus Meyer-Burckhardt im Rahmen der NDR-Talkshow zum Nachsehen gibt es

HIER

 

Anbei der Insta-Post von Johannes Wimmer zur Geburt seines zweiten Kindes:

 

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Im Insta-Post zu seinem Buch „Wenn die Faust des Universums zuschlägt“  schreibt er zur Intension seines Werks u.a.:

„Es ist aber vor allem auch ein Dank an alle, die uns durch ihre Anteilnahme in der schweren Zeit unterstützt haben. Es zeigt, wie wichtig es ist, füreinander da zu sein. Letztlich ist das Buch wie eine weiche Decke, warm, tröstend und dabei zuversichtlich.“

 

 

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