Bischof Heiner Wilmer: Gedanke vom strafenden Gott ist „fürchterlich und auch vollkommen unchristlich“

Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer sprach aktuell mit dem Kölner Stadtanzeiger über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Kirche. Dabei nahm der 59-Jährige auch Stellung zu einem strafenden Gottesbild.

Wilmer erklärte, dass auch sein Gottvertrauen durch die Corona-Krise nicht gelitten habe. Dabei schildert er folgenden Prozess im Glauben:

„Trotzdem schüttelt diese Krise mich durch und zeigt mir: Gott ist noch einmal ganz anders, als du ihn dir vorgestellt hast.“

Der Gedanke von einem strafenden Gott, der der Menschheit die Quittung für Fehlverhalten präsentiere, sei aber „fürchterlich und auch vollkommen unchristlich. Die Corona-Krise ist keine Strafe Gottes“, so der katholische Theologe.

In der aktuellen Krisenzeit, in der die Kirchen geschlossen sind,  sieht Heiner Wilmer, der seit 1. September 2018 Bischof von Hildesheim ist, in der Herausforderung eine Chance für die Kirche. Habe man sich bisher sehr auf die Messe und die Sakramente konzentriert, rückten nun die Bibel und die kleinen Gemeinschaften von Gläubigen als „Hauskirchen“ wieder stärker in den Blick. Dazu betonte Bischof Wilmer:

„Es kommt jetzt die große Frage Martin Luthers neu ins Spiel: Wie kriege ich einen gnädigen Gott? Nicht nur irgendwie vermittelt durch die Kirche, sondern ganz direkt in einem unmittelbaren Kontakt.“

Weiter erklärte der ehemalige Generaloberer der Kongregation der Herz-Jesu-Priester:

„Die Messfeier, die Eucharistie, ist sehr wichtig. Aber jetzt setzt euch hin! Lest in der Bibel! Sprecht darüber, zu zweit, zu dritt, per Telefonkonferenz, über Skype, wie auch immer! Vor allem: sprecht mit Gott!“

Eine weitere Chance sieht Bischof Wilmer darin, neu über die Frage nachzudenken, „wie wir Jesus, dem Heiler, gerecht werden. Konkret: durch die Nähe zu den Menschen. Keine Nähe tötet. In diesen Tagen bedeutet es natürlich eine Nähe mit körperlichem Abstand. Die Krise ist ein Schlüsselerlebnis für uns: Die Kirche ist nicht für sich da, sondern für die Gesellschaft.“

Quelle: katholisch.de