Foto: Jarvin - Jarle Vines, Jon Fosse, CC BY-SA 3.0

Literatur-Nobelpreisträger Jon Fosse: „Ich bin gläubig. I’m a believer“

Am vergangenen Sonntag ist dem norwegischen Dramatiker, Autor und Lyriker Jon Fosse vom schwedischen König Carl XVI. Gustaf in Stockholm der Literaturnobelpreis überreicht worden. Anlässlich dessen sprach der 64-jährige Schriftsteller im Interview mit dem Spiegel auch über seinen Glauben an Gott.

Als Anfang Oktober die Vergabe des Literatur-Nobelpreises bekannt wurde, berichtete die Tagesschau von der Hoffnung, die man in den Werken von Jon Fosse findet – eine Hoffnung, die der Norweger im Lauf seines Lebens im katholischen Glauben fand (wir berichteten).

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel leitet sein aktuelles Interview mit Jon Fosse mit folgenden Worten ein: ‚Er war Journalist, Marxist und Atheist. Inzwischen ist er Katholik, hat mit dem Trinken aufgehört und gilt als Weltliterat.‘

Zu seinem Gottesbild betont Fosse im Spiegel-Interview das Unfassbare am Wesen Gottes. Für ihn sei klar, dass Gott „hinter den Dingen“ liege. Der Mensch aber könne nicht sagen, was vor seiner Geburt war und auch nicht, „wohin wir gehen“. Der norwegische Autor macht klar, dass die Auseinandersetzung darüber eine Sache des Glaubens ist. Dazu erklärt er:

„Wir können nur sagen, dass wir früher nicht auf der Welt waren und dass wir irgendwann von hier verschwinden werden. Alles Weitere ist auf der anderen Seite. Und Gott ist auf der anderen Seite.“

Auf die anschließende Nachfrage bezüglich seiner Überzeugung zu dieser anderen Seite, antwortet Jon Fosse:

„Ich bin gläubig. I’m a believer.“

 

Der Glauben des Schriftstellers wird sogar im Wikipedia-Artikel über Jon Fosse als wesentliches Charaktermerkmal hervorgehoben. Dort ist zu lesen, dass ein schwerer Unfall im Alter von sieben Jahren für ihn lebensprägend war. Nachdem er mit einer Flasche in der Hand ausgerutscht war und sich dabei die Pulsadern aufschnitt, habe er ein Nahtod-Erlebnis gehabt, bei dem er das Haus seiner Familie aus der Distanz sah, so als ob er seinen Körper bereits verlassen hätte. Diese Erfahrung habe sein Schreiben als Erwachsener stark beeinflusst, was Fosse im Jahr 2016 gegenüber dem „Deutschlandfunk Kultur“ wie folgt darlegte:

„Ich glaube bis heute, dass ich durch diesen Unfall zum Schriftsteller geworden bin. Die Hauptperspektive meiner Texte ist nämlich die von jemandem, der sich an der Grenze zwischen Leben und Tod befindet.“

Mit 12 Jahren begann Jon Fosse mit dem Schreiben, im Alter von 20 Jahren schrieb er seinen ersten Roman. Wie freiepresse.de im Oktober 2023 berichtete, erklärte er diesbezüglich:

„Seit damals suche ich nach dem, was wir als Gott bezeichnen. Nach dem Gott in einer gottlosen, zumindest in intellektuellen Kreisen vollkommen säkularisierten Welt.“

Gegenüber „Deutschlandfunk Kultur“ schilderte Jon Fosse Anfang 2015, dass ihn das Schreiben zu einem religiösen Menschen machte.

Auf seinem Weg zu einem ihn tragenden Glauben wurde der Schriftsteller nach seinem Austritt aus der lutherischen Kirche zunächst Quäker, bevor er 2013 zum Katholizismus konvertierte, wobei ihn die Philosophie des Dominikaners Meister Eckhart sowie von Martin Heidegger und Ludwig Wittgenstein prägte. In seinem 2015 erschienenen Buch Mysteriet i trua („Das Geheimnis des Glaubens“, ein Gespräch mit dem Theologen Eskil Skjeldal) machte Fosse seinen Übertritt zum Katholizismus zum Thema.

Im Oktober 2023 wird Jon Fosse in der Wochenzeitung Die Zeit als „Der Eisheilige“ betitelt und als ‚ein bekehrter Katholik auf der Höhe der Postmoderne‘ beschrieben. Dabei wird berichtet, dass er täglich den Rosenkranz sowie das Vaterunser auf Latein bete.

Im aktuellen Spiegel-Interview schildert der Literatur-Nobelpreisträger 2023 ein Erlebnis, das Ende der 1980er Jahre stattfand, und für seinen Weg zum katholischen Glauben prägend war. Damals sei er in den Bergen in einer katholischen Messe gewesen, die ihn mehr berührte als die protestantischen Gottesdienste, mit denen er in seiner Kindheit aufwuchs und in denen er sich oft „unerträglich viel Gelaber“ habe anhören müssen. Im katholischen Gottesdienst gefalle ihm insbesondere, dass über die feste Liturgie hinaus nur wenig geredet wird. Vielmehr könnten die Worte der Liturgie in der katholischen Messe durch ihre ständige Wiederholung „einen Zauber, einen Spirit entwickeln“. Diesbezüglich erklärte Jon Fosse weiter:

„Auch in der Messe geht es darum, etwas zu erlangen, was man in Worten nicht ausdrücken kann.“

Quellen: spiegel.de, tagesschau.de, deutschlandfunkkultur.de (1), deutschlandfunkkultur.de (2), freiepresse.de, zeit.de