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Pfarrer Christoph Kreitmeir: „Früher lebten die Menschen 30, 40, 50 Jahre plus ewig“

In seiner Auslegung vom heutigen Sonntagsevangelium (Lk 20,27-38), in dem Jesus Antwort auf die Frage nach einem Leben nach dem Tod gibt, interpretiert unser geistlicher Begleiter Pfarrer Christoph Kreitmeir die Worte Jesu und geht mit Blick auf unsere heutige Gesellschaft auch darauf ein, was ein Leben ohne die Perspektive Ewigkeit bedeutet. Dabei verwendet er einen Teil von seinem Impuls, der heute in der Rubrik „Ausgelegt“ auf katholisch.de veröffentlicht wurde.

Hier die Worte von Pfarrer Kreitmeir zum Thema Auferstehung:

Mit der Frage über die „Auferstehung der Toten“ kannst du heute irgendwie keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlocken. So kommt es mir zumindest im Alltag vor. Kommt man – und das nicht nur im typischen Totenmonat November – auf die Frage, was denn nach dem Tod sein wird, dann erntet man Kopfschütteln, zweifelnde Blicke oder gar die Antwort, dass man da nix Genaues weiß und sich deshalb darüber auch keinen Kopf zerbrechen sollte.

Die Einstellung „Ich glaube nichts und mir fehlt auch nichts“ wächst wie ein Krebsgeschwür und greift sogar Christenseelen, deren A und O doch die Auferstehungshoffnung sein müsste, zunehmend an.

Der Grund dieser Misere ist ein spiritueller, denn im Laufe der letzten 50 Jahre ging in den reichen Industrieländern – christlich hin oder her – die Ewigkeitsperspektive zunehmend verloren.

Im Vergleich zu früheren Generationen leben wir heute zwar länger, aber insgesamt doch kürzer. Denn früher lebten die Menschen 30, 40, 50 Jahre plus ewig, heute leben wir maximal 90-100 Jahre und haben die Ewigkeit nicht mehr im Gepäck.

Das hat Konsequenzen! Druck, Zeit ist Geld, Hektik, alles mitnehmen, was nur geht, Rücksichtslosigkeit, Egoismus … Alles wird ins Diesseits hineingepresst und so wird dieses ein gnadenloser Zustand.

Das Evangelium von heute könnte da als Heilmittel aufhorchen lassen, denn das von Jesus über die Auferstehung Gesagte ist nicht nur ein Trost für so manche schwere Biografie auf Erden, es ist viel mehr als das. Es ist ein Ausblick auf etwas ganz Anderes als man bisher erlebt hatte.

Da wird Jesus von den Sadduzäern, die die Auferstehung der Toten leugnen, in ein Streitgespräch verwickelt, und siehe: Der Sohn des Zimmermanns schlägt sich recht wacker! Ziemlich clever versuchen sie, ihn mit Verweis auf das Gesetz Mose in den Treibsand spitzfindiger Auslegungen zu locken. Doch Jesus erweist sich als schriftkundiger Rabbi. Seinen Argumenten, insbesondere dem Hinweis auf die Berufung des Mose am brennenden Dornbusch, haben sie nichts entgegen zu setzen. Aber ob es was genützt hat? Ob Jesus sie überzeugt hat?

Sicher, sie wagen nicht mehr, ihm Fangfragen zu stellen. Und einige gestehen ihm sogar anerkennend zu: „Meister, du hast gut geantwortet!“
Doch das klingt eher nach Anerkennung für einen ebenbürtigen Gelehrten, dessen Argumentation man würdigt, aber nicht teilt. Eine Bekehrung sieht wohl anders aus …

Aber: Jesus ist nicht gekommen, um Streitgespräche zu gewinnen. Er will Menschen für das Reich Gottes gewinnen.

Nur auf dem ersten Blick schaut es so aus, als ob Jesus die Partei der Pharisäer gegen die Sadduzäer einnimmt. Nein, er nimmt letztere sehr ernst und sagt ihnen, dass diejenigen, welche meinen, dass es nach dem Tod so ähnlich weitergeht wie hier auf Erden, die Auferstehung gänzlich falsch verstehen. Es wird eben nicht so weitergehen, denn dann werden die Menschen „den Engeln gleich sein“.

Was aber heißt denn das? Engel sind Boten Gottes, das heißt, sie sind durch und durch durchdrungen von einer sie selbst übersteigenden Botschaft. Menschen sind in ihrem Leben mehr oder weniger immer auf sich selbst bezogen, ihr EGO schiebt sich immer wieder leicht nach vorne. Wenn ein Mensch aber lernt, immer mehr von sich selbst Abstand zu nehmen, zuerst sich für andere einzusetzen und dann auch noch von einer hoffnungsvollen und beseelenden Botschaft durchdrungen ist, dann sagen wir gerne: Er/Sie ist wie ein Engel!

Engel leben nicht für sich selbst, ihr Leben ist ein Zeugnis und ein Ausdruck der wunderbaren Kraft und Botschaft Gottes. Und diese will uns unsterblich machen.

Jesu Botschaft von der anbrechenden Gottesherrschaft will nicht nur unsere Köpfe erreichen, sie gilt dem ganzen Menschen – mit Kopf, Herz und Hand. „Gott ist kein Gott von Toten, sondern von Lebenden, für ihn sind alle lebendig.“ Glauben wir das? Spüren wir das? Leben wir danach? Im November scheint uns die Wirklichkeit des Todes besonders bewusst zu werden.

Also, ich lebe ganz bewusst mit meinen Verstorbenen als lebendige Partner in meiner Seele und der Glaube an die Auferstehung, die etwas ganz Neues bringen wird, ist mein Trost, mein Halt und mein Ansporn für mein Leben. Amen.

 

Hinweis:

Aktuell ist auf katholisch.de ein Artikel mit dem Titel „So kommt Ihre Seele gut durch Herbst und Winter“ erschienen, in dem Pfarrer Christoph Kreitmeir sieben spirituelle Tipps für die dunkle Jahreszeit gibt. Mehr dazu HIER

Infos zu seinem neuen Buch „Der Seele eine Heimat geben“, das vor zwei Wochen erschienen ist, gibt’s HIER