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Politiker unterschiedlichster Parteien warnen vor einem Bedeutungsverlust der Kirchen

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Während weltweit 84 % der Menschen sich zum Glauben an Gott bekennen und einer Religion angehören – Tendenz steigend (Quelle: sueddeutsche.de), scheinen Glaube und Religion bei vielen Menschen hierzulande eine immer unwichtigere Rolle zu spielen. Während das Christentum weltweit dynamisch wächst, erreicht hierzulande die Zahl der Kirchenaustritte Rekordwerte. Während infolgedessen hierzulande die Stimmen, die sich eine Gesellschaft ohne Kirche und Religionsunterricht wünschen, immer lauter werden, warnen mittlerweile Politiker aus den unterschiedlichsten Parteien, die diesen Prozess intellektuell zu Ende denken, vor einem Bedeutungsverlust von Glaube und Kirche in der Gesellschaft. Wie zuvor bereits Winfried Kretschmann (Die Grünen), Gregor Gysi (Die Linke), Wolfgang Thierse (SPD) oder Markus Söder (CSU) betont nun auch der CDU-Politiker und Ministerpräsident von NRW, Hendrik Wüst, die Notwendigkeit einer starken Stimme der Kirchen für unsere Gesellschaft.

Bereits 2001 hat der Intellektuelle, Jürgen Habermas, der zu den weltweit meistrezipierten Philosophen und Soziologen der Gegenwart zählt, in seiner berühmten Paulskirchenrede gefordert, die Religion wieder in den öffentlichen Diskurs einzubeziehen und betont, dass der religiöse Bürger im säkularen Staat als religiöser Bürger wieder ernst genommen werden müsse und ihm nicht zugemutet werden dürfe, in öffentlichen Diskursen von seiner Religiosität zu abstrahieren. Weiter sagte er, dass wir zum Beispiel zur Fundierung des für unsere Gesellschaften zentralen Begriffs der Menschenwürde wieder „rettende Übersetzungen“ des jüdisch-christlichen Begriffs der Gottebenbildlichkeit benötigten. Dieses Verständnis gehöre zum Fundament des Menschenwürdebegriffs.

In seinem 2019 im Suhrkamp-Verlag erschienenen Werk „Auch eine Geschichte der Philosophie. Bd. 2: Vernünftige Freiheit. Spuren des Diskurses über Glauben und Wissen“ warnt der sich selbst als „religiös unmusikalisch“ bezeichnende Jürgen Habermas vor einer verkümmernden Vernunft infolge einer Abkehr des Menschen vom Transzendenten. Diesbezüglich schreibt er:

„Die säkulare Moderne hat sich aus guten Gründen vom Transzendenten abgewendet, aber die Vernunft würde mit dem Verschwinden jeden Gedankens, der das in der Welt Seiende insgesamt transzendiert, selber verkümmern.“

Jürgen Habermas: Auch eine Geschichte der Philosophie. Bd. 2: Vernünftige Freiheit. Spuren des Diskurses über Glauben und Wissen. Suhrkamp, Berlin 2019, S 807.

 

In seinem jüngsten Werk betont der Soziologe Hartmut Rosa, der Professor für Allgemeine und Theoretische Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Direktor des Max-Weber-Kollegs in Erfurt ist, mit dem markanten Titel „Demokratie braucht Religion“ die immense Bedeutung der Kirchen für unsere Gesellschaft (wir berichteten). Dass vieles in unserem Leben, auf den Errungenschaften des christlichen Glaubens basiert, bringt Hartmut Rosa bereits zu Beginn seines Buches zum Ausdruck, wenn er schreibt:

„Ich habe öfter festgestellt, dass in kirchlichen Kontexten sehr vieles von dem, was ich mir mühsam als Soziologe zusammenreime, schon vorgedacht und auch vorgelebt wird.“

 

Kürzlich setzte sich der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Wolfgang Kretschmann, in einer TV-Sendung leidenschaftlich für Glauben und Kirche ein (wir berichteten). Mit Blick auf jene, die nicht mehr kirchlich gebunden sind und diese Entwicklung als erfreulich empfinden, gab Kretschmann zu bedenken:

„Das Christentum prägt Europa seit über 2000 Jahren.“

Es gehöre zur „Seele Europas“. Wenn der Prozess der Entkirchlichung so weitergehe, könne „da leicht etwas wegbrechen“, warnte der Grünen-Politiker.

 

Schon seit Jahren wird der Linken-Politiker Gregor Gysi nicht müde, seiner Sorge vor einer Gesellschaft ohne Religion Ausdruck zu verleihen. So etwa im Januar 2022 im Bayerischen Fernsehen in der Sendung „Sonntags-Stammtisch“ (wir berichteten). Dort betonte er abermals:

„Ich selbst glaube nicht an Gott, aber ich fürchte eine Gesellschaft ohne Religion.“

Seiner Meinung nach brauche es in der Gesellschaft eine Kraft, um Normen zu formulieren und sie allgemeinverbindlich zu erklären. Diese Kraft sieht er in der Kirche, was Gysi wie folgt erklärte:

„Wenn wir nicht die Bergpredigt hätten, hätten wir überhaupt keine allgemeinverbindliche Moral. Das muss man einfach sehen.“

 

Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hob zuletzt die Bedeutung des Religionsunterrichts hervor (wir berichteten). Bereits im August 2018 bezog Markus Söder im PromisGlauben-Interview ausführlich Stellung zu seinem Gottvertrauen und zur tragenden Orientierung des christlichen Glaubens. Auch dabei hob er den Wert des Religionsunterrichts hervor und gab zudem zu bedenken, dass der Wert der Menschenwürde nicht im luftleeren Raum stünde. In diesem Kontext betonte der CSU-Politiker, dass die Aufklärung als Basis das christliche Menschenbild vorliegen hatte und ohne dieses „gar nicht denkbar“ gewesen wäre.

Dieses Bewusstsein ist für ihn prägend. Vor seiner Wahl zum Bayerischen Ministerpräsidenten erklärte Markus Söder im Interview mit dem Münchner Merkur:

„Bayern ist ein christlich geprägtes Land. Die Ehrfurcht vor Gott ist das oberste Bildungsziel in der Verfassung, auf die ich vereidigt bin.“

 

Nachdem der Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung im Dezember 2022 mit den Ergebnissen der großangelegten Untersuchung zur Religiosität in Deutschland eine massive Zuspitzung der Kirchenkrise in Deutschland aufzeigte verbunden mit einer Haltung, dass christlicher Glauben ohne Kirche möglich sei, warnte SPD-Urgestein Wolfgang Thierse vor einer allzu leichtfertigen Sicht, die sich eine schwache Kirche wünscht (wir berichteten). Im Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit gab Thierse zu bedenken:

„Es geht ohne Kirche, aber es geht nicht lange.“

 

Aktuell plädiert auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) für eine starke Kirche und verweist darauf, dass das christliche Menschenbild für die Demokratie relevant sei. Wie das christliche Medienmagazin Pro berichtet, würdigte Wüst am vergangenen Dienstag auf einem Empfang in Bielefeld die Rolle der Kirchen in der Gesellschaft. Der 47-Jährige betonte, dass das christliche Menschenbild für die demokratische Grundordnung in Deutschland prägend sei und im sozialen Handeln der Kirchen und ihrer Einrichtungen konkret werde. Dazu betonte Hendrik Wüst:

„Damit diese Haltung aber auch in der Zukunft prägend ist, brauchen wir die starke Stimme der Kirchen in der Gesellschaft.“

 

Wie sehr der Glaube mit der Identität von Menschen zusammenhängt, erleben Menschen hierzulande insbesonders, wenn sie Interviews und Postings in den sozialen Medien ihrer Stars im Fußball verfolgen, wo das Thema Glauben (wieder) ganz selbstverständlich ist. Wenn Menschen aus unseren Breiten gar Sportarten aus aller Welt verfolgen, wo, wie eingangs berichtet, 84 % der Menschen mit steigender Tendenz sich zu einer Religion bekennen, kommen sie am Thema Glauben gar nicht vorbei. So etwa rund um den Super-Bowl am vergangenen Wochenende, wo die NFL-Super-Stars ihren identitätsstiftenden und sie tragenden Glauben zum Ausdruck brachten (wir berichteten). Der Kicker der erfolgreichen Kansas City Chiefs, Harrison Bunkert, erklärte:

„Wenn ich nicht an Gott glauben würde, wäre ich nicht der Vater, der ich bin, der Ehemann, der ich bin, der Kicker, der ich bin.“

Ein Weltbild und Menschenrecht, das die Grundlage des Religionsunterrichts bildet und im Grundgesetz in Artikel 4 (1) und Artikel 7 (3) gewährleistet wird!

Hinweis: Einen Artikel zur Bedeutung des Religionsunterrichts mit Statement von vielen prominenten Persönlichkeiten gibt es

HIER

Anbei unser aktuelles Interview mit Staatsministerin Melanie Huml, das die Relevanz von Glauben und Kirche zeigt: