Gesine Schwan: „Das Christliche ist meine Grundeinstellung“

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Die Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan, die 2004 und 2009 für das Amt der Bundespräsidentin kandidierte und seit 2014 Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission ist, erzählt in ihrem aktuellen Buch „Warum ich die Hoffnung nicht aufgebe“ (Patmos Verlag) von ihrer Hoffnung, die im Glauben begründet ist.

Im Sommer 2019 sprach sie mit der Kirchenzeitung im Bistum Hildesheim über ihren Glauben, für den sie sich im Erwachsenenalter bewusst entschied (wir berichteten). Zu ihrer Entscheidung, sich im Erwachsenenalter katholisch taufen zu lassen, erklärte sie:

„Im Alter von rund 20 wurde mir dann klar, dass ich mich ganz fundamental als gläubige Christin verstehe.“

Im Mai 2022 hob Gesine Schwan bei den „Erfurter Kreuzganggesprächen“ die Bedeutung der Kirche für ihren Glauben hervor (wir berichteten). Die SPD-Politikerin betonte, dass sie trotz der Skandale nicht aus Kirche austreten werde. Dazu begründete sie:

„Ich glaube, ohne die Institution kann sich die frohe Botschaft vom Evangelium nicht halten – nur institutionell gestützt wird sie sich weiter verbreiten.“

 

Nun berichtet Gesine Schwan im Buch „Warum ich die Hoffnung nicht aufgebe“ (Patmos Verlag), wie Glaube durch existenzielle Krisen tragen kann. Dabei erzählt sie von einer Gesellschaft, die von Menschenwürde, Teilhabe, Freiheit sowie Bildung abhängt und durch Glaubensschwund verarmt. Leidenschaftlich und inspirierend ermutigt die 80-Jährige:

„Wir müssen den Problemen ins Auge sehen. Und das können wir auch, weil wir schon Wege finden werden und weil der Glaube uns möglich macht, ins Offene zu gehen, also nicht nur dann etwas zu beginnen, wenn wir den Fahrplan von Anfang bis Ende schon kennen.“

 

Im Interview mit dem christlichen Medienmagazin Pro sprach Gesine Schwan aktuell über das Prinzip Hoffnung, das bei ihr im Glauben grundgelegt ist. Aus ihrem christlichen Glauben zieht sie „das Grundvertrauen, dass die Schöpfung und das Leben nicht sinnlos sind“ und am Ende nicht „ein schwarzes Loch“ stehe. Dazu erklärt sie:

„Die Grundannahme, dass diese Welt zum Guten geschaffen ist. Um das zu hoffen, brauche ich Vertrauen auf Gott. Die Berechtigung der Hoffnung kann ich nicht empirisch belegen.“

Der christliche Glauben hat für sie auch Auswirkung auf ihr Denken und Handeln, privat wie beruflich. Dazu schildert sie u.a.:

„Zunächst ist das Christliche meine Grundeinstellung – dazu will ich mich auch bekennen.“

Als Christin könne sie zudem „nicht einfach Privatmensch sein“, insbesondere weil sich ihr verantwortliches Handeln „auf mein privates, soziales und politisches Umfeld“ beziehe und sie sich als „Partnerin Gottes in der Schöpfung“ begreift.

Das Vertrauen in Gottes Schöpfung, dass ihr die Gewissheit gibt, „dass nicht alles von vornherein Unsinn ist“, beschreibt Schwan als für sie wichtigen Parameter, um im politischen Agieren Vertrauen aufzubringen. Ihren Glauben bezeichnet sie überdies als einen „Maßstab für gute Politik“ und sieht ihn auch als Grundlage für ein erfülltes Leben, was sie wie folgt zum Ausdruck bringt:

„Ich denke, wenn man die metaphysische und religiöse Dimension im Leben nicht mitdenkt und fühlt, dann ist das eine verarmte Form von Leben.“

Dass ihr Glauben auch mit Zweifeln einhergeht, gibt Gesine Schwan offen zu. So geriet ihr Glauben in die Krise, als ihr erster Mann nach einer Krebserkrankung verstarb. Aber auch im Gefühl des Zweifels und der Hoffnungslosigkeit sei ihr bewusst gewesen, dass der Tod „nicht die letzte Antwort“ ist. Zur Wirksamkeit ihres Glaubens erklärte die Politikerin, dass dieser „das Handeln, Fühlen und Denken einer Person insgesamt“ präge. Auch in Zeiten der Hilflosigkeit, habe sie „die Hoffnung nicht aufgegeben, dass der Glaube mich durch die schwierige Zeit tragen würde“.

Der christliche Glauben und das damit verbundene Menschenbild gibt ihr auch Orientierung bei der Bewertung von ethischen Fragestellungen. Danach gefragt, wie sie zum Lebensschutz bei Abtreibungen stehe, erklärte die 80-Jährige gegenüber Pro, dass sie eine Ermöglichung und Entkriminalisierung von Abtreibungen „in besonderen Fällen“ wie zum Beispiel bei Vergewaltigung „für richtig“ halte, sie aber „die Leichtigkeit“, mit der im Zusammenhang einer möglichen Streichung des Paragrafen 218 zuweilen über dieses Thema gesprochen wird, nicht nachvollziehen kann. In diesem Kontext betont Gesine Schwan:

„Das Leben muss als etwas Heiliges respektiert werden.“

Quellen: pro-medienmagazin.de, patmos.de, promisglauben.de, katholisch.de